Augsburg
Stadler wird erneut vernommen

Abgas-Affäre: Nächste Woche muss der beurlaubte Audi-Chef mehrfach zum Verhör - Hatz auf freiem Fuß

26.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:34 Uhr
Rupert Stadler −Foto: Cornelia Hammer

Augsburg/München (DK) Das Diesel-Affären-Karussell dreht sich weiter: Wie gestern bekannt wurde, kommt der ehemalige Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuß. Der beurlaubte Audi-Chef Rupert Stadler bleibt dagegen mindestens bis nächste Woche in U-Haft - dann hat die Staatsanwaltschaft neue Vernehmungstermine angesetzt.

Seit gut einer Woche sitzt Stadler nun in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen in Untersuchungshaft. Nächste Woche besteht für den beurlaubten Audi-Chef zumindest theoretisch die Möglichkeit auf Entlassung: Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München II gegenüber unserer Zeitung sagte, seien mehrere neue Vernehmungstermine angesetzt worden. Festgenommen wurde Stadler wegen sogenannter Verdunkelungsgefahr. Offenbar war ein Telefongespräch zwischen ihm und einem Porsche-Mitarbeiter (nach Informationen unserer Zeitung kein Vorstandsmitglied) abgehört worden, in dem der Audi-Chef die Beurlaubung eines Audi-Mitarbeitungs thematisierte. Der Mitarbeiter soll Stadler in einer umfassenden Aussage im Diesel-Skandal belastet haben.

Die erste Vernehmung von Stadler sei dem Sprecher zufolge "nicht so verlaufen, dass man die Untersuchungshaft aufheben könnte". Stadler habe manche Fragen nicht beantwortet. "Wir sind der Meinung, dass er sich äußern muss." Der Telefon-Gesprächspartner ist dagegen offenbar nicht im Visier der Fahnder. "Die Ideen in dem Gespräch gingen eindeutig von Stadler aus."

Um den Inhaftierten wird es indes einsamer: Wie aus einer Besprechung der Vertrauensleute bei Audi durchsickerte, rücken auch Betriebsratschef Peter Mosch und der IG-Metall-Vertrauenskörperleiter Jörg Schlagbauer von Stadler ab - eine Rückkehr des in U-Haft sitzenden Managers sei für sie nicht mehr vorstellbar.

Heute bekommt der Ingolstädter Autobauer Besuch vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Die Experten der Behörde wollen sich "bei Audi über den aktuellen Stand der Aufklärungsarbeit in der Diesel-Krise informieren", teilte das Unternehmen gestern mit. Ein Thema sei die Überarbeitung der Steuersoftware für die Diesel-Motoren. Außerdem will das KBA wissen, ob Audi das neue internationalen WLTP-Prüfverfahren für die Abgas- und Verbrauchswerte vorschriftsmäßig umsetzt - eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der so genannten Gesamtbetriebserlaubnis für neue Fahrzeuge durch das Bundesamt. "Bei Treffen wie diesem können sich unsere Partner davon überzeugen, dass wir alles tun, um unsere Verlässlichkeit unter Beweis zu stellen", sagte Audi-Einkaufsvorstand Bernd Martens und Leiter der internen Taskforce, die den Diesel-Skandal aufarbeiten soll, laut einer Mitteilung. "Unser höchstes Interesse gilt der rückhaltlosen Aufklärung."

Doch genau an jenem Aufklärungswillen zweifelt die Staatsanwaltschaft. Neben Stadler wird gegen ein weiteres Audi-Vorstandsmitglied ermittelt - den Namen bestätigt weder der Autobauer noch die Behörde, doch nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich dabei um Diesel-Taskforce-Chef Martens. Auf die hypothetische Frage, ob ein Vorstand gegen den ermittelt wird, als Leiter einer solchen Einrichtung tragbar ist, verwies ein Audi-Sprecher auf die Unschuldsvermutung.

Wenig begeistert zeigte sich die Staatsanwaltschaft von der Freilassung des ehemaligen Porsche-Vorstands und Leiters der Audi-Aggregate-Entwicklung Wolfgang Hatz. Aufgrund einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München wird Hatz auf freien Fuß gesetzt. Eine der Auflagen für Hatz ist ein Kontaktverbot zu anderen Verfahrensbeteiligten. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft sei so ein Kontaktverbot aber schwer zu überprüfen. Die Ermittler werfen Hatz unter anderem Betrug beim Verkauf von hunderttausenden Diesel-Autos mit manipulierter Abgasreinigung auf dem europäischen Markt vor. Der ehemalige Manager war seit Ende September wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.

Wie Hatz' Anwalt Peter Gauweiler gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte, musste der 59-Jährige drei Millionen Euro Kaution hinterlegen und seinen Ausweis abgeben. Gauweiler betonte, sein Mandant habe die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stets bestritten. "Es ist aus einer Reihe von Gründen dringend geboten gewesen, dass das Oberlandesgericht den Haftbefehl nun außer Vollzug setzt."
 

Sebastian Oppenheimer