Wallboxen aus Kösching
KSE setzt auf eigene Produktion

12.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:27 Uhr

Firmenchef Karl Späth neben der neuen Wallbox der KSE aus Kösching. Foto: Tamm

Kösching – Karl Späth sitzt in einem Besprechungszimmer der Firma KSE. Weißes Hemd, offenes Fenster, Blick auf ländliche Idylle. Es riecht noch nach Neubau. Die Wände sind – bis auf wenige grell angestrichene Ausnahmen – grau, nackter Beton. Leitungen und Rohre sind nicht versteckt, sondern liegen frei. „Ich mag diesen Industrie-Chic“, meint Firmenchef Späth mit einem Lächeln. Man merkt: Der jüngst vollzogene Umzug seines Unternehmens ins ersehnte eigene Hauptquartier bewegt ihn. „Für uns und mich persönlich ein Riesenschritt.“

Einstieg ins Wallbox-Geschäft

Die KSE ist auf die Entwicklung und Produktion von Elektronik fokussiert. Der Schwerpunkt liegt im Automotive-Bereich. Der besondere Stolz der Firma ist die neue Familie von Wallboxen zum Aufladen elektrischer Autos. „Der Trend geht eindeutig hin zur Regionalität. Da haben wir uns gedacht: Warum gilt buy-local nur für Gemüse?“, erklärt Simone Sassmannshausen, bei KSE für das Marketing zuständig. Wallboxen müssten letztlich nicht aus Asien kommen.

Späth pflichtet bei und sagt in ruhigem, aber selbstbewusstem Ton: „Wir sehen die Produkte aus Asien nicht als Konkurrenz an. Sie werden immer jemanden finden, der etwas günstiger herstellt. Das ist aber nicht unser Ansatz.“ KSE setze voll auf Qualität. Unsere Zeitung konnte die Wallbox noch vor der ersten Messepräsentation begutachten. Schwer ist sie, mehr als sieben Kilo. Kein Wunder, verwendet die Firma doch pulverbeschichteten Stahl und eine robuste Glasblende. Plastik sucht man auf den ersten Blick vergeblich.

Bedeutung der eigenen Fertigung

Auch technisch habe die Box laut Späth manche Besonderheit. Sie sei auf Wunsch updatebar, verfüge über ein Lastenmanagement und könne bald via App gesteuert werden. Zudem sei die Wallbox made in Kösching. „Die eigene Produktion war mir wichtig. Wir haben 2011 als reiner Dienstleister angefangen. Das war und ist toll, und wir werden auch künftig sehr gerne mit all unseren Partnern zusammenarbeiten. Aber das eigene Produkt in Händen zu halten, ist für alle im Team etwas Besonderes“, so Späth.

Sein Motto sei immer gewesen: So viel Wertschöpfung wie nur möglich im eigenen Haus behalten. Dennoch hat Späth für sehr große Stückzahlen Kooperationen mit Fertigern abgeschlossen. Ganz ohne gehe es letztlich nicht mehr.

Aber bis zu einer Fertigung im eigenen Gebäude war es ein langer Weg für die Firma. Simone Sassmannshausen ist fast seit Beginn dabei und erinnert sich. Ihr Vorstellungsgespräch habe noch in einem gut 40 Quadratmeter großen Büro über einem Futtermittelladen in Kösching stattgefunden. In den Folgejahren ging es in ein Backsteingebäude am Donau-City-Center in Ingolstadt. Und nun führte der Weg zurück nach Kösching. Hier konnte man im Interpark, einem rasch wachsenden Gewerbegebiet am Rande der Marktgemeinde im Kreis Eichstätt, ein 6000 Quadratmeter großes Grundstück erwerben. Seit Beginn des Jahres sind dort alle unter einem Dach: Verwaltung, Fertigung und die Tochterfirma FAS, die sich mit elektronischen Lösungen für Fahrerassistenzsysteme auseinandersetzt.

Deutlich über hundert Menschen beschäftigt Späth inzwischen. In der Geschäftsleitung wird er im technischen Bereich von Tobias Ott unterstützt. Späth selbst stammt aus Regensburg und sagt über sich, bei ihm drehe sich seit mehr als 20 Jahren alles um Elektronikentwicklung. Der Diplom-Ingenieur war im Mittelstand tätig und kam in die Region, um mehrere Jahre in der Technischen Entwicklung eines Ingolstädter Autobauers zu arbeiten.

Forschen, schrauben, entwickeln

Bei einem kleinen Rundgang durch die Test- und Fertigungshalle fällt dem Interessierten gleich auf, dass sich hier auch Fahrzeuge tummeln, die noch in der Entwicklung stecken. Welche genau dürfen wir freilich nicht ausplaudern. Es wird eifrig geforscht, geschraubt, entwickelt. Und dann findet sich noch ein, auf den ersten Blick, unscheinbarer Glaskasten: ein Teststand für Bauteile. Türgriffe und Spiegel sind dort eingespannt und werden Belastungs- und Haltbarkeitstests unterzogen. Das Segment sei früher ein wichtiger Bereich der Firma gewesen. In der Spitze habe man nur dafür 120 Mitarbeiter beschäftigt. Doch habe sich der Markt verändert.

Die Automobil-Branche ist jedoch nicht der einzige Kunde der KSE. Man betreue auch andere Industriekunden – darunter ein bekannter Hersteller von Beschattungstechnik, für den man beispielsweise Komponenten zur Rollosteuerung entwickelt hat, oder aber ein großer Produzent von Hydrauliklösungen.

Ladesäulentechnik weltweit im Einsatz

Doch die E-Mobilität ist das Steckenpferd der Firma. Späth führt in den obersten Stock und zeigt an einem Stehtisch in der Mitarbeiterlounge ein großes Elektronikmodul – zehnlagig und vollgepackt mit winzigen Bauteilen. Sie kommen in den Ladesäulen eines Gemeinschaftsunternehmens großer Autohersteller zum Einsatz, die sich in ganz Europa entlang der Autobahn finden. Sechs davon stecken in einer Schnellladesäule, so Späth. Auch in den USA und Kanada werden diese Elektronikmodule, die KSE von Null auf entwickelt hat, eingesetzt. „Und darauf können wir schon ein wenig stolz sein.“

DK