Der Energieriese RWE will seine Grünstrom-Erzeugung deutlich ausbauen: Bis 2030 sollen 55 Milliarden Euro in Windräder, Batteriespeicher, PV-Anlagen und wasserstofffähige Gaskraftwerke fließen.
Der auf erneuerbare Energien und Energiehandel konzentrierte RWE-Konzern will sein Wachstum beschleunigen und steckt sich deutlich höhere Ziele für das laufende Jahrzehnt. In den Jahren 2024 bis 2030 wolle man weltweit 55 Milliarden Euro netto investieren, teilte der Essener Konzern auf einem Kapitalmarkttag in London mit.
Die grüne Erzeugungskapazität soll von derzeit 35 auf mehr als 65 Gigawatt ausgebaut werden. Zum Vergleich: Große Kohlekraftwerke wie etwa Datteln 4 haben eine Kapazität von gut einem Gigawatt.
Die Börse honoriert die Ankündigungen
RWE aktualisiert damit seine Wachstumsstrategie „Growing Green“ (etwa: „Grün wachsen“). Im November 2021 hatte der Konzern sie erstmals vorgestellt. Das Unternehmen hatte damals angekündigt, bis 2030 insgesamt 50 Milliarden Euro brutto investieren zu wollen. Die grüne Erzeugungskapazität sollte bis 2030 auf 50 Gigawatt ausgebaut werden.
Die jetzt in London angekündigten Investitionen sollen den Gewinn kräftig mehren: Vorstandschef Markus Krebber rechnet mit einer jährlichen Steigerung des bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) durchschnittlich 14 Prozent. 2030 soll der Wert mehr als neun Milliarden Euro betragen. Zum Vergleich: Für das laufende Jahr peilt der Konzern ein bereinigtes Ebitda von 7,1 bis 7,7 Milliarden Euro an.
Auch die Aktionäre sollen vom Wachstum profitieren. Die Dividende soll jährlich um 5 bis 10 Prozent steigen. Für das Geschäftsjahr 2024 laute das Dividendenziel 1,10 Euro, teilte der Konzern mit. Für das laufende Jahr sollen die Eigentümer je Aktie einen Euro Dividende bekommen. Die Börse honorierte die neuen Ziele: Am Nachmittag lagen RWE-Papiere rund 2,5 Prozent über dem Vortageswert.
Die 55 Milliarden Euro sollen laut Krebber bis 2030 in Erneuerbare Energien, Speichertechnologien, flexible Erzeugung und Wasserstoffprojekte fließen. So will der Konzern etwa seine Solar-Kapazität von 3,9 Gigawatt auf 16 Gigawatt aufstocken.
Bei Windkraftprojekten auf See ist eine Steigerung von aktuell 3,3 Gigawatt auf 10 Gigawatt geplant. Kräftig ausbauen will der Konzern auch seine Batteriespeicher: Von derzeit 0,5 Gigawatt auf 6 Gigawatt. RWE sei „der Schrittmacher der Energiewende“, so Krebber.
RWE hält am Kohleausstieg fest
Mehr als die Hälfte der 55 Milliarden Euro will RWE bis 2030 in Europa investieren. Allein in Deutschland sollen es rund elf Milliarden Euro werden, 20 Prozent mehr als bislang geplant. Neben Europa seien die USA ein weiterer Schwerpunkt der Investitionen.
Krebber bekräftigte die Pläne, bis Ende 2030 in Deutschland wasserstofffähige Gaskraftwerke mit mindestens drei Gigawatt Leistung zu bauen. „Allerdings fehlt leider noch ein Regulierungsrahmen, der diese Investitionen ermöglicht“, sagte er. Darauf warte RWE „händeringend“. „Wenn der Rahmen stimmt, können wir uns auch vorstellen, unsere Zubauziele hier nochmals deutlich zu erhöhen.“
Die Anlagen sollen nach früheren Angaben vor allem an bisherigen Kohlekraftwerks-Standorten gebaut werden. Sie sollen Strom liefern, wenn die Erzeugung von Wind und Sonne nicht ausreicht. Planung und Bau solcher Kraftwerke dauern laut Krebber „fünf, sechs Jahre“.
An dem mit Bund und Land NRW vereinbarten Kohleausstieg bis 2030 hält RWE fest, schließt einen anschließenden Reservebetrieb der Kohlekraftwerke auf Rechnung des Bundes aber nicht aus. Es gebe einen klaren Vertrag, sagte Krebber. „Da ist die Kohleverstromung bis 2030 von uns zugesagt.“ Danach würden die Anlagen stillgelegt.
„Sollte die Bundesregierung zur Erkenntnis kommen, sie braucht die länger, muss sie die selber in Reserve nehmen. Wir können die zwar weiterbetreiben, aber dann auf Rechnung der Bundesregierung. Das sind dann auch ökonomisch ihre Anlagen, nicht mehr unsere.“ Für RWE gebe es einen klaren Fahrplan, betonte der Konzernchef.
© dpa-infocom, dpa:231128-99-102727/4
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