„Audianer_innen“
Gender-Prozess läuft: Audi lehnt Kompromiss ab - „Nicht praktikabel“

VW-Mitarbeiter klagt gegen Gender-Leitlinien der Audi AG – Eine Frage der Verständigung

14.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:16 Uhr

Alexander B. (Mi.) hat gegen die Ingolstädter Autobauer geklagt. −Foto: Richter

Von Horst Richter

Muss sich ein Angestellter der Konzernmutter Volkswagen nach den Gender-Leitlinien bei Audi richten? Der 46 Jahre alte Alexander B. sieht sich deswegen in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt und hat gegen die Ingolstädter Autobauer geklagt. Seit heute wird verhandelt.



B. sieht sich derart in seinen Persönlichkeitsrechten eingeschränkt, dass seine Rechtsvertreter Dirk Giesen und Burkhard Benecken den Gegenstandswert der Klage außergerichtlich im Vorfeld des Zivilprozesses auf 100.000 Euro festgelegt hatten. Dabei war es um eine Unterlassungserklärung gegangen, im Verfahren selbst spielt diese Summe keine Rolle. Zur Verdeutlichung las der VW-Mitarbeiter aus einem Dokument vor, das Audi ihm geschickt hatte – ein wahrlich holprig zu lesendes Stück Papier. Das Unternehmen verwendet seit der Einführung der Leitlinien neutrale Formulierungen wie Führungskraft statt Chef oder den sogenannten Gender Gap, mit dem die männlichen und weiblichen Formen mit einem Unterstrich verbunden werden: Was bisher ein „Audianer“ war, nennt sich nun „Audianer_in“.

„Möchte in Ruhe gelassen werden“

Er halte die Gender-Leitfaden von Audi „für einen Fehler“, sagte Alexander B. – und er wolle helfen, das zu korrigieren und zu einer Unternehmenssprache zu kommen, die alle Menschen anspricht. Sein Mandant sei „individuell betroffen“, weil die Vorgaben auch auf ihn angewendet würden, sagte Anwalt Dirk Giesen. Er habe, so erklärte der Kläger weiter, von Audi-Seite den Gender-Leitfaden zugesendet bekommen, mit der Aussage, dass er für alle verbindlich sei. „Er möchte in Ruhe gelassen werden mit dieser Gender-Sprache“, machte sein Anwalt die Stoßrichtung deutlich.

Der Vorsitzende Richter schlug am Dienstag im Güteverfahren einen Vergleich vor, bei dem der Kläger genau davon verschont bleiben würde. Es müsse einem Weltunternehmen wie Audi doch möglich sein, individuell auf den Kläger einzugehen, sagten die Vertreter von Alexander B. Die drei Rechtsvertreter der Audi AG lehnten jedoch ab, das sei im Alltag nicht praktikabel, hieß es nach kurzer Beratung. Es müsste eine Liste gemacht werden, wer nun wie angesprochen werden wolle. Es gibt keine Möglichkeit für einen Vergleich“, erklärte Audi-Anwalt Jörg Fiebiger. Die Urteilsverkündung wird für den 29. Juli erwartet.