Bewährungsstrafe nur mit Geständnis
Dieselbetrugsverfahren: Muss der Ex-Audi-Chef Stadler ins Gefängnis?

Gericht sieht Versäumnisse bei Rupert Stadler – Ein Angeklagter kann mit Einstellung rechnen

28.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:21 Uhr

Der unter anderem wegen Betrugs angeklagte langjährige Audi-Chef Rupert Stadler muss sich vor dem Landgericht München verantworten. −Foto: dpa-Bildfunk (Archiv)

Im Münchner Dieselbetrugsprozess hat das Gericht am Dienstag, dem 161. Verhandlungstag, erstmals Hinweise gegeben, wie es die bisherige Beweisaufnahme voraussichtlich würdigen will.



Demnach sieht die Strafkammer die Angeklagten Henning L., Giovanni P. und Wolfgang Hatz verantwortlich dafür an, dass für Dieselfahrzeuge von Audi verbotene Abschaltvorrichtungen in der Abgastechnik entwickelt wurden. Der frühere Audi-Vorstandchef Rupert Stadler könnte sich demnach wegen des Tatbestands des Unterlassens, also der Nichtvornahme einer gebotenen Handlung, strafbar gemacht haben, weil der solche Autos nach Bekanntwerden des Skandals weiter verkauft haben soll. Für Giovanni P., Hatz und Stadler komme eine Bewährungsstrafe nur dann infrage, wenn sie Geständnisse ablegen, hieß es.

Als „Gewinner“ des Tages kann Henning L. angesehen werden, denn das Gericht deutete an, ihn als Kronzeugen des Verfahrens nun doch mit einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage zu belohnen – sofern die Anklagebehörde dem zustimmt. Staatsanwalt Nico Petzka erklärte sich damit am Dienstag umgehend einverstanden. Er hatte diesen Schritt – ebenso wie L.s Verteidiger Maximilian Müller – schon vor längerer Zeit beantragt, weil der Prozess ohne L.s Mithilfe nie in dieser Form hätte stattfinden können. Das Gericht hatte die früheren Einstellungsanträge aber rigoros abgelehnt, insofern verwundert die Einschätzung vom Dienstag. Angemessen erscheint sie für Prozessbeobachter allemal.

Die drei übrigen Angeklagten müssen hingegen damit rechnen, wieder ins Gefängnis zu müssen, sollten sie keine Geständnisse ablegen. Alle drei saßen bereits vor dem Prozess längere Zeit in Untersuchungshaft. Giovanni P. hatte sich nach Ansicht des Gerichts teilweise geständig gezeigt, die Strafkammer erhofft sich von ihm weitere Aussagen zu seiner Schuld. Hatz und Stadler wiesen die Vorwürfe bisher jedoch komplett zurück.

In dem seit September 2020 andauernden Prozess geht es um verbotene Abschaltvorrichtungen in Dieselautos, die dafür gesorgt hatten, dass Fahrzeuge auf dem Prüfstand alle gesetzlichen Abgaswerte einhielten, während das auf der Straße oft nicht der Fall gewesen sein soll. Der Prozess wird am 4. April fortgesetzt.