Prozess zieht sich
Dieselbetrugsprozess: Für Führungsriege könnte es bald heikel werden

10.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:48 Uhr

Symbolbild: Frank Rumpenhorst

Von Horst Richter

Findet der Münchner Dieselbetrugsprozess im laufenden Jahr ein Ende? Die Beteiligten wünschen sich wohl nichts lieber als das. Das Mammutverfahren dauert bekanntlich seit September 2020 an. Allerdings: Nächstes Mal könnte es für die Führungspersonen heikel werden.



Am ersten Verhandlungstag nach der Weihnachts- und Silvesterpause meinte am Dienstag selbst der Vorsitzende Richter Stefan Weickert, er hoffe, dass es 2024 kein neuerliches Wiedersehen an dieser Stelle geben werde – aber man wisse ja nie, schränkte er gleich ein. Wundern würde sich kaum noch jemand, sollte es weitere Verlängerungen geben, so wie die Hauptverhandlung bisher gelaufen ist.

2023 begann jedenfalls im alten Trott. Ein letztes Mal – oder auch nicht? – waren Autohändler geladen, um das ganze Schadensausmaß des Betrugs einigermaßen auszuloten. Das Gericht hörte erneut, dass es mit der Kommunikation zwischen Audi und den Vertriebspartnern nicht zum Besten stand, nachdem der Skandal aufgeflogen war. Es geht bekanntlich um manipulierte Technik bei Audi-Dieselfahrzeugen, um gesetzliche Abgaswerte zumindest auf der Testrolle einzuhalten.

Zeugen sprachen von finanziellen Einbußen



Die befragten Händler aus Kempten, Kronach, Nürnberg Scheßlitz und Bad Kissingen berichteten davon, „in der Regel“ und überwiegend aus der Presse von den illegalen Machenschaften erfahren zu haben. Audi habe sich lange bedeckt gehalten. Mehrere Zeugen sprachen von finanziellen Einbußen als Folge dieser Machenschaften. Ein Vertriebspartner sprach von einem sechsstelligen Betrag, ohne ihn genau zu beziffern.

Angeklagt sind die zwei ehemaligen Entwickler Henning L. und Giovanni P. sowie der frühere Audi-Motorenchef Wolfgang Hatz und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler – letzterer soll wissentlich Autos mit manipulierter Technik noch verkauft haben, als der Skandal längst aufgeflogen war, was Stadler vehement bestreitet. Zwei Beweisanträge von P.s Verteidiger Walter Lechner (München) kurz vor Weihnachten sorgten am Dienstag noch einmal für eine kurze Diskussion – sie würden zum einen nicht mal die rechtlichen Voraussetzungen eines Beweisantrags erfüllen und sich außerdem mit Inhalten befassen, die gar nicht Gegenstand der Anklage seien, erklärten dazu Stadlers Verteidiger Ulrike Thole und Thilo Pfordte (München). Sie wollen sich zu einem späteren Zeitpunkt detailliert äußern.

Führungskräfte im Fokus



Lechner hatte in seinen Anträgen erklärt, es habe „eine übergeordnete Konzernstrategie gegeben“, Abgastests zu manipulieren, auch bei Ottomotoren. Er will durch Zeugenvernehmungen belegen, dass Stadler und andere Führungskräfte davon gewusst oder sogar Anweisung gegeben haben sollen, besagte Funktionen zu entwickeln.

Die Strafkammer hat sich dazu bisher nicht geäußert, während der Weihnachtspause aber verfügt, einige der von Lechner gewünschten Zeugen tatsächlich vorzuladen. Die ersten drei sollen bereits zum nächsten Termin am 24. Januar erscheinen. Inwieweit sich manche in den Beweisanträgen genannten Personen auf ein Auskunftsverweigerungsrecht verweisen können, weil sie anderweitig ebenfalls als Beschuldigte gelten, wird sich in zwei Wochen zeigen.