Audi
Die Premium-Container kommen: Projekt „Charging Hub“ wird ausgeweitet

08.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:30 Uhr

Zugeparkte Säulen, lahmes Laden, eigener Anschluss nicht möglich – laut Audi für viele Kunden Gründe, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden. Mit solchen Charging Hubs will man in Zukunft im urbanen Raum gegensteuern. −Foto: Audi AG

Von Christian Tamm

Immer wenn die Audi AG über sich und ihre Aktivitäten berichtet, darf ein Wort nicht fehlen: Premium. Und so ist es natürlich auch, wenn Audi seine Vision des edleren Ladens präsentiert. Das sogenannte Audi Charging Hub solle ein „Premium-Ladeerlebnis im urbanen Raum“ darstellen. Ein erster Pilot in Nürnberg war laut den Ingolstädtern erfolgreich; das Konzept werde daher nun weiter ausgerollt.

Laut dem Autobauer ist inzwischen nicht mehr die Reichweite an sich, sondern das Laden der Hauptgrund für viele Kunden, sich gegen ein Elektrofahrzeug zu entscheiden. Bis 2025 rechne man mit einem rasanten Hochlauf der E-Mobilität – und sieht zugleich ein nicht ausreichendes Ladenetz in den Städten. Audi, das in Zukunft konsequent auf elektrische Antriebe setzt, hat Handlungsbedarf erkannt: „Wir wollen die Einstellung der Menschen zum Laden verändern“, erklärt Ewald Kreml. Er ist der strategische Projektleiter. Das Zauberwort heißt „Quality-Time“. Schnellladen sei nur die Basis. Das verbinde man mit Komfort und Mehrwert.

Laden, waschen, Kühlschrank füllen

Das Pilot-Hub in Nürnberg verfügt über eine Lounge oberhalb der insgesamt sechs Ladepunkte. Hier können die Kunden nur einen Kaffee schlürfen, oder aber die Ladezeit nutzen, um nochmals den Laptop rauszuholen. Daher sind bei künftigen Hubs auch Arbeitszimmer denkbar, so Kreml. „Es könnte auch möglich sein, gleich noch eine Wäsche mitzubuchen. Wir haben außerdem eine Kooperation mit Gorillas (ein Start-up, das binnen kürzester Zeit Einkäufe liefert, Anm. d. Red.), die zum Charging Hub liefern.“ Kreml schwärmt beinahe: Man könne nach den je 45 Minuten langen Slots entspannt im vollgeladen, gewaschenen und mit den Einkäufen beladenen Auto nach Hause fahren. Die Termine sind – für Audi-Kunden – via App buchbar.

Die Pilotphase in Nürnberg ist nun abgeschlossen. 24 Kundinnen und Kunden seien im Schnitt am Tag gekommen, in Spitzenzeiten bis zu 54. Ausgelegt war die Anlage, die insgesamt rund 700 Quadratmeter Fläche benötigt, für bis zu 80 Ladeslots am Tag. Bedient wurden Fahrzeuge aller Marken − mit Vorteilstarifen für Besitzer eines Fabrikats mit vier Ringen im eigentlich nicht mehr nötigen Kühlergrill.

Nun kommen weitere Standorte hinzu

Die Erfahrungen waren offenbar gut genug, um das Konzept nun in weitere Städte zu bringen. Noch heuer soll ein weiterer Pilot in Zürich an den Start gehen. Er wird allerdings anders aussehen. Im edlen Bankenviertel der Stadt gelegen, wird das dortige Hub ohne eigene Lounge auskommen. Die Vielfalt der Angebote in der City macht sie schlicht überflüssig. Vier Ladepunkte wird es geben; breit genug für Rollstuhlfahrer mit höhenverstellbaren Bedieneinheiten.

Ferner sollen in diesem Jahr noch Hubs in Berlin und Salzburg eröffnet werden. 2023 folgen die nächsten drei Standorte, in 2024 weitere acht. Laut Kreml sind dies dann keine Piloten mehr, sondern der Start des Rollouts; denn das Konzept habe sich schließlich bewährt.

Wo es künftig solche Charging Hubs geben wird, lässt Audi offen. Sicher würden jedoch zunächst Metropolen bespielt, erklärt ein Sprecher. Wobei es bei Städten wir Salzburg oder Zürich wohl eher nicht nach der Einwohnerzahl gegangen sein dürfte. Übrigens: VW-Konzernschwester Porsche versucht sich an einem ähnlichen Konzept für die Autobahnen. Man tausche sich aus.

Zweites Leben für alte E-Auto-Batterien

Das Herzstück der Charging Hubs von Audi, die flexibel aus vier Arten von Würfeln im Baukastenprinzip ganz ohne Tiefbauarbeiten errichtet werden können, sind E-Auto-Batterien aus alten Erprobungsfahrzeugen, die so ein zweites Leben bekommen. Darin wird sukzessive Energie aus dem vorhandenen Anschluss gesammelt – „wie in einer Regentonne“, sagt Kreml. Hinzu kommt die PV-Anlage auf dem Dach. Ein spezieller Anschluss ans Stromnetz ist unnötig.

Ob die Hubs für Audi ein profitables Geschäft werden, ist unklar. Der Mehrwert dürfte vor allem darin liegen, potenziellen Kunden ein neues Kaufargument zu liefern. Wie zu hören war, soll der Vorstand aber von dem Konzept derart begeistert gewesen sein, dass das erwünschte Tempo bei der Umsetzung kaum zu erreichen sei. Von der Präsentation der Idee bis zum ersten Ladevorgang in Nürnberg vergingen laut dem Autobauer lediglich elf Monate – flott für ein solches Projekt.

− DK