Wie kann Hanf angewendet werden?

09.07.2020 | Stand 02.12.2020, 11:00 Uhr
Hanfnudeln und Schoko-Hanfsamen: Familie Hiermeier verarbeitet die Pflanze zu Nahrungsmitteln. −Foto: Schimmer

Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt und bereits seine Geschichte zeigt, wie vielseitig er ist. Laut deutschem Hanfverband (DHV) wurde die Pflanze schon vor 12000 Jahren kultiviert. 1455 druckte Gutenberg seine erste Bibel auf Hanf,1870 fertigte der Bayer Levi Strauss seine erste Jeans aus dieser Nutzpflanze und im Jahre 1941 präsentierte Henry Ford sein "HempCar" - ein Auto, das zu einem großen Teil aus Hanf gefertigt war, erzählt der Verband.

Doch die Industrialisierung verdrängte die Pflanze vom Markt, ehe sie als Grundlage für berauschendes Cannabis in Verruf geriet. Zwischen 1982 und 1995 wurde in Deutschland dann sogar die Kultivierung von Nutzhanf verboten. Mittlerweile ist Hanf als Rohstoff aber wieder auf dem Vormarsch.

Hanf in Nahrungsmitteln: Bienen und Hummeln schwirren um Markus Hiermeier herum. Immer wieder kommen Radfahrer vorbei und fragen: "Ist das Cannabis? " Direkt hinter dem Sportplatz in Wellheim (Landkreis Eichstätt) steht der 45-jährige Landwirt zwischen brusthohen Pflanzen. Gemeinsam mit seiner Frau Sylvia (44) und den beiden Söhnen Niklas (18) und Kilian (14) baut er nun im vierten Jahr in Folge Hanf an. Doch wer jetzt denkt, dass sich hier Kiffer einfach bedienen können, der irrt: "Da müsste man schon das ganze Feld rauchen, um etwas zu spüren", sagt Hiermeier. Sein Hanf enthält nämlich weniger als 0,2 Prozent des psychoaktiven Wirkstoffs THC - und wird nicht als Droge verkauft, sondern zu Nahrungsmitteln verarbeitet. "Wir vertreiben die Samen und bereiten aus ihnen ein Hanföl zu", erklärt der Landwirt. Hanföl habe - verglichen mit anderen Ölen - ein optimales Fettsäureverhältnis, schwärmt Hiermeier. In ihrem Laden verkauft die Familie dann die Produkte - von Hanföl und Hanfmehl über Hanfnudeln bis hin zu Bratwurst mit Hanfsamen. Für ihn ist der Hanf eine Zukunftspflanze: "Man kann auch mit Pflanzen, die man wirtschaftlich nutzt, ganz viel für die Umwelt machen. Das zu kombinieren ist die Zukunft. "

Hanf in der Textilindustrie: Dass man Hanf vielseitig verwenden kann, zeigen Hanf-Bioläden in München, Augsburg und Ingolstadt. "Wir bieten 400 bis 600 verschiedene Artikel an", sagt Cristian Camassa. Der 31-Jährige leitet den Shop in Augsburg und hat nicht nur Nahrungsmittel und Kosmetikprodukte im Sortiment, sondern auch Hosen, T-Shirts und Schuhe aus Hanf. "Aus der Pflanze kann man Klamotten herstellen, die im Winter warm halten und im Sommer kühlen", erzählt Camassa. Längst finden sich diverse Anbieter von Hanf-Mode. Und laut Hiermeier hat das auch seinen Grund: "Hanffasern sind extrem haltbar und synthetischen Fasern überlegen. " Gerade mit Blick auf die Entsorgung sei Nachhaltigkeit bei herkömmlichen Klamotten oft nicht gegeben, die Hanffaser dagegen sei recycelbar.

Hanf in der Landwirtschaft: "Hanf ist auf jeden Fall ein interessantes Thema aus landwirtschaftlicher Sicht", sagt Stefan Froschmeir, Geschäftsführer der Bio-Agrikultur Birkenschwaige in Ingolstadt. Er baut die Pflanze heuer zum ersten Mal an und glaubt, dass sie sich etablieren wird. "Hanf ist eine neue Pflanzengattung und somit gut für die Fruchtfolge, da sie keine Krankheiten überträgt", erklärt Froschmeir. Zudem habe Hanf eine "super Vorfruchtwirkung", sagt Landwirt Hiermeier. "Bei verdichteten Böden kann man Hanf anbauen. Seine langen Wurzeln machen den Boden wieder locker und geben ihm eine Struktur. " Auch der Artenschutz profitiere vom Hanf. "Insektenmäßig ist extrem viel los", sagt Hiermeier. Davon abgesehen lassen sich Samen und Fasern laut Hanfverband auch als Tierfutter und Tiereinstreu verwenden.

Hanf in der Bauwirtschaft: Dass der Hanf die Bauindustrie nachhaltig verändern kann, daran glaubt Bioladen-Besitzer Camassa. Hanfkalk - die Verbindung von Nutzhanf und Naturkalk zu einem Dämm- und Baustoff - biete ein perfektes Verhältnis von Wärmespeicherung und Wäremedämmung und sei gut für die Gesundheit, da er die Feuchtigkeit im Raum reguliere und so ein Schimmeln der Wände verhindere. "Hanf ist der Baustoff der Zukunft", sagt Camassa. Zudem habe Thermohanf als Dämmstoff laut DHV von der EU das Prädikat "Naturplus" erhalten, das nur nachweislich nachhaltigen Produkten verliehen wird.

DK