Steiniger Weg zum Bio-Unternehmen: Riedenburger Brauhaus schaffte den Umbruch

29.10.2021 | Stand 23.09.2023, 21:35 Uhr
30 verschiedene Biersorten hat das Riedenburger Brauhaus im Sortiment. Dieses Jahr kam der Cider dazu, für kommendes Jahr ist ein neues Radler geplant. −Foto: Mönius

30 verschiedene Biersorten stehen aufgereiht im Eingangsbereich des Riedenburger Brauhauses - Vielfalt ist Geschäftsführer Maximilian Krieger wichtig. Ebenso wie Nachhaltigkeit. Schließlich führt er ein Unternehmen, das seit 1994 zu hundert Prozent Bio-Produkte anbietet.

Riedenburg - Bis zum Alter von 20 Jahren hat ihm Bier überhaupt nicht geschmeckt - und interessiert hat ihn die familieneigene Brauerei auch nicht wirklich. Maximilian Krieger begann ein Physikstudium - bis er gemerkt hat, dass er sich doch vorstellen könnte, die Firma zu übernehmen. Der heute 41-Jährige sattelte auf Betriebswirtschaftslehre um, lernte Brauer und Mälzer und setzte den Braumeister oben drauf. Kürzlich übernahm er in der nun achten Generation die Geschäftsführung des Riedenburger Brauhauses von seinem Vater.

Akzeptanz für Bio-Produkte fehlte zunächst

Mitten in der kleinen Stadt gelegen - in den wärmeren Monaten mit einem Biergarten vor den Toren - gehört das Brauhaus zu den Vorreitern der Branche: "Wir sind seit dem Jahr 1994 zu hundert Prozent ein Bio-Unternehmen und waren damit branchenweit das erste in Bayern", erzählt Krieger. Seine Eltern hatten zwei Jahre zuvor das erste Bio-Bier gebraut und dann schnell komplett umgestellt - "weil sie schon damals den Nachhaltigkeitsgedanken verfolgten". Rückblickend war es eine schwierige Zeit: "Wir haben damals die Hälfte unseres Ausstoßes verloren". Die Akzeptanz für Bio-Produkte hatte gefehlt, die Biere waren teurer, einige Lieferanten skeptisch. "Es war eine emotionale Sache. Viele, die ihr Getreide auf konventionelle Weise anbauten, haben unseren Weg nicht verstanden."

Inzwischen ist es kein Problem mehr, Weizen, Dinkel, Emmer oder Einkorn aus ökologischer Landwirtschaft in der Region zu beziehen - meist aus dem Umkreis von 35 Kilometern. Der am weitesten entfernte Landwirt sitzt in Coburg , "zu ihm haben wir eine lange Lieferantenbeziehung". Das Brauhaus legt Wert auf ältere Getreidesorten, die vielleicht ertragsschwächer sind - "aber das wird dem Landwirt dann durch den Preis ausgeglichen", betont Krieger.

Die Brauerei hat den Umbruch gemeistert: "Nach der schwierigen ersten Zeit geht es seit 20 Jahren wieder aufwärts - und mittlerweile haben wir die Größe erreicht, die wir vor der Umstellung hatten. Wir haben uns von einer regionalen Brauerei mit fast ausschließlich Weißbier zu einer überregionalen Brauerei mit Bierspezialitäten entwickelt." Obwohl der Weg dorthin schwierig war, war eine Abkehr von der Öko-Produktion nach seinen Worten nie ein Thema, denn hinter der Neuausrichtung stand die Überzeugung, einen nachhaltigen Weg gehen zu müssen. "Dadurch haben wir heute den Vorteil, dass wir zu hundert Prozent Bio-Produkte anbieten können."

Absatz an Bio-Biere steigt

Und das zahlt sich aus. Während der deutsche Bierabsatz im vergangenen Jahr durchschnittlich um 5,5 Prozent gesunken ist, hat das Riedenburger Brauhaus einen Zuwachs von mehr als elf Prozent verbucht. "Wir stehen auch in diesem Jahr gut da", sagt Krieger. Das liege zum einen an der Vertriebsstruktur: "Wir liefern hauptsächlich in den Handel und weniger in die Gastronomie. Und der Handel hat ja insgesamt von Corona profitiert. Darüber hinaus hatten wir vergangenes Jahr einen Marken-Relaunch und wir waren sehr aktiv im Vertrieb." Rund 40 Beschäftigte - Tendenz leicht steigend - hat das Brauhaus. Probleme, Mitarbeiter zu bekommen, gibt es derzeit keine.

Wie bei vielen anderen Brauereien auch, wird ab kommendem Februar das Bier aus Riedenburg teurer - "der Kasten mit 20 Flaschen kostet dann etwa einen Euro mehr", sagt der Vater zweier Söhne.

Tendenz zum alkoholfreien Bier

"Heute haben wir als Spezialitätenbrauerei 30 verschiedene Biersorten. Dazu kommen vier Limonadensorten." Der Anteil an alkoholfreiem Bier liegt inzwischen bei rund 20 Prozent - Tendenz steigend. Das besondere aber sind die verwendeten Getreidesorten: Seit 1997 arbeitet die Brauerei mit der Benediktinerabtei Plankstetten zusammen, die zu dieser Zeit auch auf Bio umstellte und ihre Rohstoffe verwertet haben wollte. "Da haben wir begonnen, mit Dinkel zu brauen. Über unsere Landwirte sind wir dann auf die noch älteren Sorten Einkorn und Emmer gekommen." Der Brauprozess ist dabei ein bisschen aufwendiger - die alten Getreidesorten haben einen höheren natürlichen Eiweißgehalt als die modernen. "Man muss den Prozess und die Vermälzung anpassen. Wir haben das Glück, dass wir in Riedenburg eine Mälzerei haben, die das für uns macht. Dadurch bekommt man Biere, die einen besonderen Geschmack, einen besonderen Charakter haben."

Craftbier-Sortiment: "Mit Inspiration grbeaut

In Riedenburg werden zwei Sude pro Tage gemacht; ein Sud dauert zwischen acht und zehn Stunden. Dann kommt das Bier für eine Woche in den Gärkeller - dort wird der Zucker in Alkohol umgewandelt, bis das Bier schließlich für rund vier Wochen in Lagertanks reift und die Gärung beendet wird. In jedem Produktionsschritt wird es mehrfach untersucht. Pro Tag werden rund 15.000 Liter Bier produziert. "Emmer ist dabei mit 20 Prozent unsere stärkste Sorte und auch die beliebteste." Krieger selbst mag am liebsten das Urweizen, danach kommt der Dolden Sud.

Letzterer ist aus dem Craftbier-Sortiment: "Da werden modernere Bierstile mit mehr Inspiration gebraut, mit anderen, fruchtigeren Hopfensorten und mehr Malz, damit sie geschmacklich einen anderen Charakter haben." Jedes Jahr überlegt sich der Braumeister eine neue Sorte - "das passiert so", lacht er. Diese wird im kleinen 30-Liter-Kessel gebraut, getestet, bewertet. In diesem Jahr ist erstmals ein Cider im Angebot, im kommenden Jahr steht ein neues alkoholfreies Radler auf dem Plan. "Betriebswirtschaftlich sind die vielen Sorten vielleicht nicht sinnvoll, aber für mich gehört das dazu. Wir sind schließlich eine Spezialitätenbrauerei und wollen diese Vielfalt haben."

Das Brauhaus führt drei verschiedene Flaschen: die traditionelle 0,5-Liter-Flasche, die Halbe-Liter-Bügelflasche sowie die 0,33-Liter-Flasche. In der Regel wird eine Flasche 35-mal wieder befüllt. Krieger hat allerdings ähnliche Erfahrungen gemacht wie andere Brauer: "Es kommen zu wenig Flaschen zurück, und es kommen auch Individualflaschen von anderen Brauereien. Das Mischleergut, das aussortiert werden muss, ist ein großes Problem." Er würde eine staatliche Regelung befürworten, die Standardflaschen vorschreibt und das Mehrwegsystem effizienter macht. Auch wenn der Schwerpunkt der Verbreitung in der Region liegt, können die Biere aus Riedenburg deutschlandweit im Großhandel und vor allem im Bio-Handel gekauft werden. "Bei Letzterem sind wir national die Nummer zwei auf dem Markt - nach der Neumarkter Lammsbräu."

Das Ziel für die kommenden Jahre ist, stärker in die regionale Gastronomie zu kommen und weiter zu wachsen. Aber auch auf dem Gelände steht einiges an. Denn inzwischen hat die Brauerei ihre Kapazitätsgrenze erreicht und plant eine Erweiterung. Im Zuge dessen sollen das Sudhaus sowie Gär- und Lagerkeller neu gebaut werden. "Der Neubau soll modern, nachhaltig und zukunftsfähig sein. Außerdem wollen wir damit unseren Energie- und sonstigen Ressourcenverbrauch reduzieren", sagt Krieger. Strom wird bereits komplett regenerativ bezogen. "Wir haben eine eigene Photovoltaik-Anlage, die etwa ein Viertel des Bedarfs deckt und kaufen den Rest aus Strom aus Wasserkraft zu. Für die Wärmeerzeugung haben wir Erdgas, planen aber in den nächsten Jahren eine neue Energieversorgung." Wasser aber - mit dem Prädikat von ursprünglicher Reinheit - komme aus dem eigenen Brunnen.

DK

Sandra Mönius