München / Freystadt
Moderne Technik mit Retro-Charme

16.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:02 Uhr
Den Originalen zum Verwechseln ähnlich: Die Leuchtreklamen von Osram am Karlsplatz wurden durch neue, technisch aktuelle Anlagen ersetzt. −Foto: Guttenberger+Partner

Wer kennt sie nicht, die beiden Leuchtreklamen des Lichtspezialisten Osram am Münchner Stachus? Doch die Installationen waren etwas in die Jahre gekommen. Nun wurden sie ersetzt durch moderne LED-Technik - von einer Firma aus dem Landkreis Neumarkt.

München/Freystadt - Mehr als 60 Jahre thronten sie über dem Stachus im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt. Den meisten Münchner n dürfte der Karlsplatz nur mit den beiden so charakteristischen Osram-Schriftzügen bekannt sein - sie sind Teil des Stadtbildes. Doch im September 2019 verschwanden sie plötzlich. Der Hintergrund: Die Anlagen waren kostenintensiv, weil sie nach sechs Jahrzehnten in Wind und Wetter zunehmend wartungsintensiv wurden. Osram entschied sich also, die Schriftzüge deinstallieren zu lassen. Die Fassaden des gebogenen und im neobarocken Stil erbauten Rondells am Karlsplatz blieben des Nächtens düster.

Doch es war kein Abschied für immer. Am Stachus ist inzwischen wieder "Hell wie der lichte Tag" zu lesen. Die beiden Reklamen wurden von der Firma Guttenberger+Partner aus Freystadt im Kreis Neumarkt in der Oberpfalz aufwendig erneuert. Über den Preis macht das Unternehmen keine Angabe. Sehr wohl aber über die Geschichte hinter den neuen Anlagen - und die ist lang.

Denn zu Beginn des Projekts standen noch Gesichtspunkte des Denkmalschutzes im Wege. "Osram wollte die historische Neon-Anlage durch eine mit LED-Technik ersetzen. Die Stadt München lehnte dies jedoch zunächst ab. Die Sorge war, dass eine moderne Anlage das Erscheinungsbild des Stachus stören könnte", wie Kundenbetreuer Uwe Schaller gegenüber unserer Zeitung erklärt. Zudem hatte man im Rathaus Befürchtungen, eine Anlage in neuer LED-Technologie könne schlicht zu hell sein.

Hier könnte die Geschichte von Münchens vielleicht bekanntester Reklame enden - tut sie aber nicht. "Eigentlich sollte dann erst einmal gar keine Anlage mehr am Karlsplatz installiert werden - bis sich die Stadt und einige Stadträte eingeschaltet haben und eine Lösung finden wollten", so Schaller. Gemeinsam mit dem Lichtkonzern Osram wurde geprüft, wie eine technisch moderne Reklame an das Erscheinungsbild der alten Buchstaben angepasst werden könnte. Am Ende erhielt Osram die Genehmigung und Guttenberger+Partner später den Zuschlag.

Die Freystädter sind in ihrer Branche eine Größe. Das 1994 gegründete Unternehmen betreut weltweit den Sportwagenbauer Porsche. Zudem arbeitet man für die großen Drogerieketten wie dm, Rossmann oder Müller. Auch Rewe und weitere Konzerne zählen zu den Kunden des rund 220 Beschäftigte zählenden Betriebs. Laut eigenen Angaben erzielt man im Durchschnitt einen Jahresumsatz von 25 Millionen Euro und zählt damit zu den marktführenden Lichtwerbe-Spezialisten in Deutschland.

Dennoch war der Auftrag am Stachus besonders. Man ging in die Entwicklung und nun hängen die bekannten Leuchtreklamen wieder an ihren angestammten Plätzen. "Äußerlich ist nicht zu erkennen, dass es neue Anlagen sind, soll es ja auch gar nicht. Es ist uns gelungen, einen Schriftzug auf höchstem Stand der Technik zu fertigen, welcher der historischen Neon-Ablage absolut gleicht", erklärt Schaller.

Herzstück der Buchstaben ist das bemusterte weiße Acrylglas mit einer Stärke von 25 Millimeter. Es wurde mit einer CNC-gesteuerten Fräsmaschine so bearbeitet, dass die zwei- und vierreihigen Neon-Konturen herausgearbeitet wurden - das verleiht dem Ganzen seine historische Optik. Hinterleuchtet werden die Lettern mit LED-Modulen - natürlich des Auftraggebers. "Von der Entscheidung, den historischen Schriftzug wieder an alter Stelle aufleben zu lassen, bis zu diesem feierlichen Moment lag nur ein Monat, das war eine Meisterleistung", meinte Martin Reuter, der Projektverantwortliche bei Osram, am Tag der Installation der Leuchtreklamen.

Und, leuchten die LED-Anlagen nun zu hell für den historischen Platz im Herzen der Landeshauptstadt oder nicht? Die Freystädter haben eine technische Lösung eingebaut, die das auf jeden Fall vermeiden soll. Um ein "Überblenden", wie es die Fachleute nennen, zu verhindern, sind die jeweils mehr als 25 Meter breiten Reklamen mit einer sogenannten Mondphasenuhr ausgestattet. Diese sorgt für eine automatische sowie umgebungslichtabhängige Dimmung. Und sollte doch mal jemand den Eindruck gewinnen, die Nacht am Karlsplatz würde zum "lichten Tag", kann ganz klassisch nachgesteuert werden.

DK

Christian Tamm