Stuttgart
Fahrverbote auch in Stuttgart?

Stopp für ältere Diesel wohl nicht zu vermeiden - 15000 Autos droht Stilllegung

10.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:16 Uhr
Ein Kfz-Meister lädt im Rahmen der VW-Rückrufaktion wegen des Abgas-Skandals ein Software-Update auf ein Fahrzeug mit Zwei-Liter-Dieselmotor. Bei rund 15000 Autos ist das noch nicht geschehen - ihnen droht in den nächsten Wochen die Stilllegung −Foto: Foto: Stratenschulte/dpa

Stuttgart/Berlin (DK/dpa) Hamburg, Aachen, Stuttgart? Drohende Diesel-Fahrverbote bereiten der grün-schwarzen Landesregierung im Südwesten Kopf-

Hamburg hat sie schon, Aachen drohen sie, und nun sind Diesel-Fahrverbote in Stuttgart wohl kaum noch zu vermeiden. In der grün-schwarzen Landesregierung Baden-Württembergs gilt es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig als schwierig bis unmöglich, um Verbote für Diesel-Autos der Abgas-Normen Euro 3 und 4 noch herumzukommen.

Der SWR berichtete am Wochenende, die Regierung in Stuttgart plane auch Verbote für Diesel der Abgas-Norm Euro 5. Es solle Ausnahmen geben etwa für Pendler und Anwohner - vorausgesetzt, ihre Autos würden mit einer Hardware nachgerüstet, um den Stickoxidausstoß zu senken.

Ein Treffen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verlieh solchen Mutmaßungen Nahrung. "Spiegel Online" berichtete unter Verweis auf einen "Geheimplan" Kretschmanns, Scheuer solle nach dessen Willen die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit die Besitzer umgerüsteter Diesel einen Eintrag in die Fahrzeugpapiere oder eine andere Kennzeichnung bekämen. Nur so könnten Polizisten erkennen, ob ein Wagen sauber genug sei, um in die Stadt zu dürfen.

Der ADAC hatte in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg die Nachrüstung von Euro-5-Dieseln mit Hardware getestet. Ergebnis: Bei den vier Testfahrzeugen, die mit einem sogenannten SCR-System ausgestattet wurden, lag der Schadstoffausstoß innerorts um bis zu 70, außerorts um bis zu 88 Prozent niedriger. Der Preis für diese technische Nachrüstung wurde mit rund 1400 bis 3300 Euro pro Fahrzeug angegeben. Die Autohersteller gehen aber von höheren Kosten aus.

Laut einem "Spiegel"-Bericht hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg inzwischen in Aussicht gestellt, ein erstes Nachrüstset für ältere Diesel-Autos zu genehmigen. Wie das Magazin berichtete, hat die Behörde in einem Schreiben an einen Anbieter solcher SCR-Katalysatoren empfohlen, sich an ein anerkanntes Prüflabor zu wenden. Dort müsse nachgewiesen werden, dass sich durch die Hardware-Nachrüstung "das Abgas- und Geräuschverhalten des veränderten Fahrzeugs nicht verschlechtert". Dann sei mit der Erteilung einer allgemeinen Betriebserlaubnis zu rechnen, schreibe das KBA.

Im Falle von Daimler vermutet die Flensburger Behörde einem Bericht zufolge, dass in weitaus mehr Diesel-Fahrzeugen als bisher bekannt die Abgas-Reinigung manipuliert worden sein könnte. Wie die "Bild am Sonntag" berichtete, geht das KBA dem Verdacht nach, dass fünf "unzulässige Abschaltfunktionen" bei Automodellen des Stuttgarter Herstellers - sogar auch bei neueren Euro-6-Dieseln - eingesetzt wurden. Betroffen sein könnten dem Balatt zufolge fast eine Million Fahrzeuge. Daimler wollte sich zu dem Bericht nicht äußern; heute kommt Konzernchef Dieter Zetsche erneut mit Verkehrsminister Scheuer wegen des Abgas-Themas zusammen.

Knapp 15000 Besitzern von VW- und Audi-Dieseln mit manipulierter Abgas-Software droht in den nächsten Wochen die Stilllegung ihrer Fahrzeuge - wenn sie die illegale Software nicht durch die neue legale Version ersetzen lassen. Die Kfz-Zulassungsstellen haben Briefe an die Fahrzeughalter verschickt mit der Aufforderung, ihre Wagen entsprechend nachrüsten zu lassen.

Denn es endet die 18-Monats-Frist für den verbindlichen Rückruf der ursprünglich insgesamt 2,46 Millionen Diesel-Fahrzeuge, in deren Motoren die verbotene Abschaltung der Abgas-Reinigung eingebaut war. "Der Rückruf ist verbindlich", erklärte das Bundesverkehrsministerium in Berlin. "Fahrzeuge, die nicht umgerüstet werden, können in letzter Konsequenz außer Betrieb gesetzt werden."

Betroffen sind Volkswagen- und Audi-Modelle der Baujahre 2009 bis 2014 mit dem "EA189"-Diesel-Motor mit illegaler Abschaltvorrichtung für die Abgas-Reinigung. Anfang Juni waren nach Angaben des Verkehrsministeriums bereits 95 Prozent dieser Autos umgerüstet.