Lockdown zwingt Kommunen zum Sparen

Gewerbesteuer-Einbruch: Für viele Städte und Gemeinden geht es jetzt ans Eingemachte

03.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:53 Uhr
Leere im Freibad: Wegen der Corona-Pandemie sind die Schwimmbäder derzeit geschlossen. Und weil die Krise tiefe Löcher in die Haushalte reißen wird, droht manchen kommunalen Einrichtungen das endgültige Aus. −Foto: Hoppe, dpa

München - Schwimmbadschließungen, teurere Kita-Gebühren, weniger Theateraufführungen: Auch die Kommunen werden im Kontext der Corona-Krise teils drastische Sparmaßnahmen beschließen.

 

Welche das genau sind, ist noch weit gehend offen. Klar ist aber: Sie werden kommen. Als erste bayerische Kommune schuf vergangene Woche die 12000 Einwohner zählende Stadt Dinkelsbühl im Landkreis Ansbach Fakten. Sie ordnete für fast ein Drittel ihrer rund 270 Beschäftigten Kurzarbeit an.

Das gab es im öffentlichen Dienst noch nie, bis Kommunaler Arbeitgeberverband und Verdi dies ausverhandelt haben. TVöD Corvid heißt die Ergänzung im Tarifvertrag. Allzu dramatisch fällt der Gehaltsverzicht zwar nicht aus - dank Aufstockungsleistungen der Stadt. Normale Beschäftigte beziehen 95, Führungskräfte 90 Prozent, sagt Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU). Auszubildende und geringfügig Beschäftigte sind komplett ausgenommen.

Der Lockdown trifft die Kommunen mit zeitlicher Verzögerung, und zwar vor allem allem mit Einbrüchen bei der Gewerbesteuer. Wie viel Geld Bayerns Kommunen genau fehlen könnte, bleibt zunächst unklar. Das Finanzministerium verweist auf eine Steuerschätzung im Mai. Auch von den Städten München, Regensburg, Augsburg und Würzburg gibt es derzeit keine Einschätzungen. Nur in Nürnberg ist die Prognose konkreter: In der Frankenmetropole rechnet man schon mit einem dreistelligen Millionen-Defizit im städtischen Finanzhaushalt.

Dinkelsbühls OB Hammer will erfahren haben, dass sich weitere Städte vorstellen können, Kurzarbeit anzuordnen: Landsberg am Lech und Passau hätten schon bei ihm angerufen. Neben der gemeindlichen Verwaltung dürfte das Thema auch für die kommunalen Eigenbetriebe ein Thema werden. Betreiben die Stadtwerke beispielsweise Bäder, haben die dortigen Beschäftigten aufgrund der angeordneten Schließung nichts zu tun.

Freilich müssen nur die Angestellten in den sauren Apfel beißen; die Beamten bleiben davon verschont. Nach Ansicht von Britta Ibald, der stellvertretenden Sprecherin des Deutschen Beamtenbunds, ist das auch völlig in Ordnung so. Man sei "eine völlig andere Beschäftigungsgruppe", so die Sprecherin, obendrein seien Beamte "sehr belastet". Immerhin würden städtische Beamte in Bayern beispielsweise in anderen Behörden aushelfen, versichert Ibald.

Forderungen nach einem kommunalen Rettungsschirm gibt es schon. "Die Menschen und die Wirtschaft sind auf handlungsfähige Kommunen mit einer leistungsfähigen kommunalen Daseinsvorsorge angewiesen", so Kurt Gribl (CSU), scheidender Augsburger OB und Vorsitzender des Bayerischen Städtetags. Die finanziellen Folgen bei den Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden würden gravierender ausfallen als nach der Finanzkrise 2008, glaubt er.

Mit zeitlicher Verzögerung wird der Gewerbesteuerrückgang auch die Landkreise treffen. Denn eine wesentliche Einnahmequelle von diesen ist die Kreisumlage der Städte und Gemeinden. Darauf weist Johann Keller, der Geschäftsführer des Bayerischen Landkreistags, hin. Grundsätzlich werde man nicht umhin kommen, "sich die Frage zu stellen, was man sich zukünftig noch alles leisten will und leisten kann", so Keller.

Von Zusatzgeldern für die Kommunen will Bayerns Staatsregierung derzeit nichts wissen. Sie verweist auf den Kommunalen Finanzausgleich. Mit einem Rekordvolumen von zehn Milliarden Euro sei er von den aktuellen Entwicklungen im Jahr 2020 grundsätzlich nicht betroffen. Um die Liquidität der Kommunen in den nächsten Monaten kurzfristig zu stärken, würden jedoch Auszahlungszeitpunkte teilweise vorgezogen. Das heißt, das Geld kommt früher. Außerdem habe das Innenministerium unter anderem die Regelungen für Kassenkredite gelockert.

Der Opposition im Landtag geht das nicht weit genug. So fordern etwa die Grünen einen kurzfristigen Zuschuss, "der unsere Kommunen außerplanmäßig unterstützen soll", so Grünen-Haushaltsexperte Tim Pargent. Er will eine Milliarde als Sonder-Schlüsselzuweisung für Bayerns Kommunen.

Doch bringt ein rascher Geldsegen aktuell überhaupt etwas? Hans-Peter Mayer, der stellvertretende Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetags, hat da Zweifel: "Wir wissen noch gar nicht exakt, wo es unsere Mitglieder finanziell zwickt. " Auch müsse geklärt werden: Was genau machen die Länder, was macht der Bund, so Mayer. Einfach einen Pauschalbetrag auszuzahlen, findet er wenig sinnvoll. Schließlich stünden die einzelnen Gemeinden unterschiedlich da: "Bei einigen ist die Lage unverändert, andere hat es ganz hart getroffen. "

DK

 

Andre Paul