Wolfsburg/Ingolstadt
Notrufassistent: VW und Skoda vor Rückruf, Töchter prüfen

17.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:20 Uhr
Ein Logo der Volkswagen AG ist vor blauem Himmel zu sehen. −Foto: Christophe Gateau/dpa/Archivbild

Wolfsburg/Ingolstadt - Der Anlauf des neuen Golf 8 war schon schwierig genug. Jetzt gibt es beim wichtigsten VW-Produkt noch Probleme mit dem Notrufassistenten. Die Konzerntöchter müssen ebenfalls einige Modelle durchleuchten.

Die Probleme mit dem elektronischen Notrufassistenten eCall betreffen neben dem neuen VW Golf weitere Automodelle des Konzerns. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen könnte es bei Audi und Seat ähnliche Schwierigkeiten geben - derzeit wird dies intensiv geprüft. Die neuen Ausgaben des Audi A3, Seat Leon und Skoda Octavia basieren auf dem gleichen Grundbaukasten wie der Golf 8. Ursache für mögliche Ausfälle soll eine Fehlfunktion der Software sein. Für den Golf und Octavia gilt schon ein Lieferstopp.

Audi: "Wir analysieren weiter"

Audi erklärte am Wochenende, bisher lasse sich „das Phänomen beim neuen A3“ nicht genau nachstellen. „Wir analysieren weiter, auch weil es kleinere Unterschiede in Hard- und Software gibt.“ Dem Fachblatt „Automobilwoche“ sagte ein Sprecher der Ingolstädter Tochter: „Die Grundannahme, dass auch entsprechende Audi-Modelle betroffen sein könnten, ist richtig.“ Bei Seat hieß es: „Zu diesem frühen Zeitpunkt der Analyse bewerten wir die Details und arbeiten an einer Lösung.“

Der neue Skoda Octavia wird ebenfalls auf Fehlfunktionen des eCall untersucht. Hier wurden - wie beim Golf - nach Angaben der tschechischen Schwestermarke die Auslieferungen bereits unterbrochen.

Am Freitag war bekannt geworden, dass sich Volkswagen auf einen Rückruf der gerade gestarteten neuen Golf-Version einstellen muss. Bei internen Untersuchungen war in einzelnen Fahrzeugen eine nicht verlässliche Datenübertragung am Steuergerät bemerkt worden. Die Funktion des Notrufassistenten sei damit nicht voll zu gewährleisten.

Eine Entscheidung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zu einem Rückruf und nötigen Software-Update wird in den kommenden Tagen erwartet. Bis auf Weiteres liefert VW den Golf 8 daher nicht mehr aus. Die Produktion gehe vorerst weiter - aber alle Neuwagen würden nun erst einmal auf Lager genommen, hieß es aus dem Konzernumfeld.

Für den Autohersteller könnte dies die ohnehin bestehende massive Absatzkrise noch verschärfen. Infolge der Corona-Krise ist die Nachfrage eingebrochen, die Autohäuser waren länger geschlossen, an einigen Standorten stauen sich die fertigen Neuwagen.

Der VW-Betriebsrat warnte vor weiteren Rückschlägen für die Golf-Produktion im Stammwerk Wolfsburg. Die aktuelle Unterauslastung mit etlichen abgesagten Schichten könnte sich noch verschlimmern. Die Mitarbeitervertretung fordert daher, mittelfristig ein zusätzliches Massenmodell am Hauptsitz anzusiedeln. Der Golf gilt als wichtigstes Produkt des größten deutschen Industriekonzerns. Schon vor seinem Start hatte es Verzögerungen mit der Elektronik-Ausstattung gegeben.

In die Debatte um die umstrittene Zahlung der Dividende an die Aktionäre kommt derweil Bewegung. Nach einem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) fordert die Opposition von Grünen und FDP im niedersächsischen Landtag, dass die Landesregierung von VW einen Ausschüttungsverzicht verlangt. Es sei nicht legitim, dass Konzerne Staatshilfen annehmen und gleichzeitig Dividende sowie Erfolgsboni zahlen, sagte Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg dem Blatt. FDP-Fraktionsvize Jörg Bode erklärte, Niedersachsen sollte als Gesellschafter auf einer Aussetzung der Dividende bestehen.

VW hatte sich - wie andere Autobauer - für staatliche Kaufprämien ausgesprochen, um die Zurückhaltung der Verbraucher in der Krise zu überwinden. Die Regierungschefs der „Autoländer“ Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg - Stephan Weil (SPD), Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) - schlossen sich dem an.

Nach „HAZ“-Informationen plant Volkswagen weiterhin, für 2019 rund drei Milliarden Euro an die Anteilseigner auszuschütten. Es werde jedoch intern darauf verwiesen, dass nach der Verschiebung der Hauptversammlung eine neue Bewertung nicht gänzlich ausgeschlossen sei. Ministerpräsident und Co-Aufseher Weil verwies darauf, dass sich das Kontrollgremium noch einmal mit dem Thema Dividende beschäftigen werde, sobald der Termin für das nächste Aktionärstreffen feststehe.

Die Grünen sehen steuerfinanzierte Hilfen in diesem Zusammenhang kritisch. „Allein mit einem Verzicht auf die Dividende für 2019 in der vorgeschlagenen Höhe kann VW selbst Preisnachlässe und Kaufprämien in beachtlicher Höhe finanzieren, wenn man dies für notwendig hält“, so Grünen-Fraktionschefin Hamburg. Niedersachsen ist mit 20 Prozent der zweitgrößte VW-Anteilseigner. Nach den bisherigen Dividendenplänen würde das Land 383 Millionen Euro bekommen.

dpa