Ingolstadt
Audi streicht Nachtschicht

Reaktion auf schwächelnden Absatz

19.03.2019 | Stand 02.12.2020, 14:24 Uhr

−Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Audi muss sparen und hat nun die erste einschneidende Entscheidung getroffen: Wie der DONAUKURIER erfuhr, hat die Unternehmensleitung Dienstagfrüh Teile der Belegschaft darüber informiert, dass ab Mai die Dauernachtschicht auf der Montagelinie eins (ML1) dauerhaft entfällt.

Damit reagiert das Unternehmen auf den schwächelnden Absatz der vergangenen Monate. Dem Vernehmen nach will das Unternehmen dadurch einen hohen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr sparen. 

„Das reduzierte Produktionsvolumen am Standort Ingolstadt lässt sich ohne diese Dauernachtschicht langfristig erreichen und stellt so eine wirtschaftlichere Schichtfahrweise sicher“, so Audi-Sprecher Joachim Cordshagen. „Die Mitarbeiter aus der Dauernachtschicht werden für die aktuellen Herausforderungen neuer Fahrzeugprojekte wie den Neuanlauf der Audi A3 Limousine und des Audi A3 Sportback dringend gebraucht“, hieß es weiter. Auf der Jahrespressekonferenz am vergangenen Donnerstag hatte Personalvorstand Wendelin Göbel trotz mehrmaliger Nachfrage noch eine konkrete Aussage vermieden und auf eine Entscheidung in den nächsten Wochen verwiesen.

Gedankenspiele, die Nachtschicht zu streichen, kursieren im Unternehmen indes schon länger. Noch Mitte Februar hieß es von Seiten der Arbeitnehmervertreter, der Antrag der Unternehmensleitung sei nicht "belastbar", es sei noch nichts entschieden. Damals war sogar die Rede vom Wegfall der Schicht bereits im März. Nun soll die Nachtschicht ab Mai gestrichen werden, der Betriebsrat hat schließlich doch zugestimmt. Nach heutigem Stand sei die Fahrweise mit neun Schichten unwirtschaftlich. "Die vorgelegten Unterlagen wurden durch die Betriebsratsmitglieder im Ausschuss Fahrweise überprüft und für glaubwürdig befunden", teilte der Betriebsrat gegenüber unserer Zeitung mit.

Der Betriebsrat habe dem Antrag der Unternehmensführung letztlich doch zugestimmt, auch weil die Auflösung der Dauernachtschicht auf der Montagelinie 1 "sozialverträglich zugunsten der betroffenen Kolleginnen und Kollegen erfolgt und in einer Betriebsvereinbarung juristisch verbindlich festgelegt wird". Arbeits- und sozialrechtlichen Bedingungen des Betriebsrats seitens des Unternehmens seien akzeptiert worden. Dazu zählten: Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen, außerdem gelte ein besonderer Schutz für sogenannte Leistungsgewandelte und ältere Kolleginnen und Kollegen. Unter "Leistungsgewandelte" bezeichnet man Mitarbeiter eines Betriebs mit Tätigkeitseinschränkungen aufgrund einer ärztlich attestierten irreversiblen Krankheit. Zudem gebe es entsprechende Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Mosch: "Nicht von der Belegschaft verschuldet"

Audi-Gesamtbetriebsratvorsitzender Peter Mosch hat sich am Dienstagvormittag gegenüber unserer Zeitung geäußert: „Die aktuelle Lage ist nicht von der Belegschaft verschuldet. Die Bewältigung der ,Dieselkrise' sowie der gleichzeitig stattfindende Umbruch zu neuen Mobilitätskonzepten sind große Herausforderungen. In diesem Zusammenhang weist der Betriebsrat ausdrücklich auf die vom Vorstand gegenüber der Belegschaft gemachten Zusagen vom November 2017 hin. Und zwar die Beschäftigungssicherung bis 2025 einzuhalten, die Einrüstung von E-Fahrzeugen an beiden deutschen Standorten umzusetzen sowie die Auslastung der Werke sicherzustellen.“

Probleme wegen WLTP

Audi hat im vergangenen Jahr massive Probleme mit der Umstellung auf den neuen Abgasmessstandard WLTP bekommen, die Bänder sind bei Weitem nicht ausgelastet. 2018 wurden 1,8 Millionen neuer Fahrzeuge verkauft (minus 3,5 Prozent im Vergleich zu 2017), die Umsatzrendite ist von 7,8 Prozent im Jahr 2017 auf 6 Prozent gefallen. Dass im Unternehmen gespart werden muss, ist seit Monaten bekannt. Nun hat es also die teure Nachtschicht getroffen. Branchenkennern zufolge kann durch die Maßnahme ein hoher zweitstelliger Millionenbetrag eingespart werden. Wer um 22 Uhr zu arbeiten beginnt, bekommt dem Vernehmen nach einen Zuschlag von etwa 30 Prozent.
 

Chronik der Diesel-Krise bei Audi