"Alle reden über Nachhaltigkeit, aber der Preis entscheidet"

Tourismusexperte Burkhard von Freyberg sieht jeden Einzelnen in der Pflicht, seinen ökologischen Fußabdruck klein zu halten

03.07.2020 | Stand 02.12.2020, 11:03 Uhr
Burkhard von Freyberg ist Professor für Hospitality an der Fakultät für Tourismus der Hochschule München. −Foto: privat

Herr von Freyberg, was bedeutet nachhaltiges Reisen?

 

Burkhard von Freyberg: Grundsätzlich unterscheidet man zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Im Hinblick auf das Reisen ist die ökologische Nachhaltigkeit die relevante. Nachhaltiges Reisen bedeutet in erster Linie, im Urlaub achtsam bezüglich Ressourcennutzung zu sein, sprich der enkelgerechte Umgang mit Ressourcen sollte berücksichtigt werden. Zum Beispiel indem man bei der Anreise die CO2-Bilanz beachtet und auf Reisen so viel unnötigen Abfall wie möglich vermeidet.

Wie schätzen Sie die Nachfrage von nachhaltigen Urlaubsangeboten ein?

Von Freyberg: Alle reden über Nachhaltigkeit, aber viele entscheiden dann doch nach dem Preis, weil ökologische Angebote oft mehr kosten. Generell ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit jedoch schon gestiegen. Auch beim Reisen.

Passen Pauschalurlaube und All-inclusive-Angebote in dieses Konzept?

Von Freyberg: Meistens beinhaltet eine Pauschalreise einen Flug, was schon einmal nicht nachhaltig ist. Auch sind große Resorts Teil davon, die mit großen Pools aufwarten. Und alles muss sehr günstig sein, was natürlich auch ein Indiz ist, dass es mitunter nicht nachhaltig zugehen kann, da Nachhaltigkeit Geld kostet.

Wie erkennt man denn ein nachhaltiges Hotel?

Von Freyberg: Nachhaltige Hotels kommunizieren oft auf der Webseite oder in Social Media ihre Nachhaltigkeitsbemühungen. Oftmals tragen sie auch Gütesiegel, zum Beispiel Green Globe. Auch gibt es auf Buchungs- und Bewertungsplattformen wie beispielsweise Tripadvisor "grüne" Rubriken wie in dem Fall "Öko-Spitzenreiter" oder "Green Leader".

Wie lassen sich Flugreisen mit dem ökologischen Gewissen vereinbaren?

Von Freyberg: Klassische Fernreisen sind natürlich nicht die nachhaltigste Form, da immer ein Flugzeug bestiegen werden muss, aber grundsätzlich ist alles immer im Einzelfall zu betrachten. Wenn jemand beispielsweise nach Kenia fliegt, um sich dort drei Monate lang in einem Sozialprojekt zu engagieren, würde ich sagen: Das ist eine gute Aktion, die unter soziale Nachhaltigkeit fällt. Und auch bei einer Fernreise kann und sollte sich jeder nachhaltig verhalten. Der Verzicht auf Plastiktrinkhalme oder Plastikwasserflaschen während der Reise wäre eine zum Beispiel eine sinnvolle Angelegenheit.

Es gibt auch die Möglichkeit, seine Umweltbilanz auszugleichen. Wie geht das?

Von Freyberg: Es gibt Webseiten wie Atmosfair. Dort kann man den CO2-Fußabdruck des Flugs berechnen und einen entsprechenden Betrag bezahlen, der Klimaschutzprojekten zugutekommt.

DK

Das Gespräch führteBianca Hofmann

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