Berlin
Untersuchungsausschuss soll "Euro Hawk"-Debakel aufklären

26.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:58 Uhr

Berlin (DK) Rücktritt? Der Verteidigungsminister denkt nicht daran, und die Opposition glaubt nicht mehr daran, rechnet nicht damit, dass Thomas de Maizière noch vor der Bundestagswahl seinen Hut nehmen muss.

Und ausgerechnet am Tag, an dem der Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnimmt, gerät der CDU-Mann noch mehr in Bedrängnis. Die Opposition greift eine Rüge des Rechnungshofs auf und macht in einer turbulenten Sitzung des Verteidigungsausschusses eine Hubschrauberbestellung des Verteidigungsministeriums zum Thema. Die Kritik der Rechnungsprüfer: De Maizière habe mit der Rüstungsindustrie schlecht verhandelt.

Das Verteidigungsministerium will statt 202 nur noch 157 Hubschrauber der Typen „Tiger“, „NH90“ und „Sea Lion“ anschaffen. Der ursprüngliche Kaufpreis von 8,3 Milliarden Euro wird allerdings nur um 224 Millionen Euro gesenkt. Der Reduzierung der Stückzahl um 22 Prozent steht damit eine Kostenersparnis von 2,7 Prozent gegenüber. Die Opposition will den Rechnungshofbericht nun einsehen. „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung einen sehr, sehr schlechten Vertrag aushandelt, wo in Wirklichkeit Geld verschenkt wird“, sagte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.

Der Verteidigungsminister steht weiter unter Druck. In den nächsten Wochen wird der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss die Drohnen-Affäre unter die Lupe nehmen. Der Vorwurf: De Maizière habe das Debakel um das Drohnen-Projekt „Euro Hawk“ zu spät beendet, die Öffentlichkeit wie das Parlament belogen und trage die Verantwortung für die Verschwendung einer halben Milliarde Euro Steuergeldes. De Maizière bestreitet die Vorwürfe, lehnt einen Rücktritt weiter ab und wird Ende Juli als Zeuge im Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Die Opposition will den Verteidigungsminister stellen.

18 Zeugen und hundert Beweisanträge in nur vier Wochen – Aufklärungsarbeit im Eiltempo. Bereits Ende August soll in Rekordzeit ein Abschlussbericht vorliegen. Eine Premiere im Bundestag. Gleich drei Verteidigungsminister werden als Zeugen auftreten. Spurensuche mitten im Wahlkampf – ursprüngliche Überlegungen, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Ausschuss ins Kreuzverhör zu nehmen, sind inzwischen aber vom Tisch. Weshalb hat der Verteidigungsminister nicht früher im Drohnen-Debakel eingegriffen? Was wusste er wann über die Probleme des Rüstungsprojektes? Welcher Schaden entsteht für die Steuerzahler? Wer trägt die Verantwortung für die Pannen? Und welche Konsequenzen müssen aus dem Drohnen-Desaster gezogen werden? Fragen, die im Ausschuss geklärt werden sollen. Union und FDP werden alles daran setzen, de Maizière zu entlasten und ihm mit ihrem Mehrheitsvotum im Abschlussbericht zu bescheinigen, dass er keine Verantwortung für den teuren Absturz des Drohnen-Projekts trägt. SPD, Grüne und Linkspartei dürften ihn in einem Minderheitenvotum belasten.

Schwarz-Gelb will auch den früheren Verteidigungsminister Rudolf Scharping von der SPD zu seiner Rolle bei dem Projekt befragen. Die Opposition plant im Gegenzug, auch den früheren Verteidigungsminister Franz Josef Jung von der CDU zu hören. Offener Schlagabtausch im Wahlkampf – zwar versichern beide Seiten, dass sie keine Showveranstaltung inszenieren wollten. Doch dürfte der Untersuchungsausschuss so kurz vor dem 22. September sich zur Wahlkampfarena verwandeln. Der eigentliche Untersuchungsauftrag und die Frage nach der politischen Verantwortung dürften da in den Hintergrund rücken.