Berlin
"Nicht hampeln, nicht ampeln"

FDP legt sich auf Schwarz-Gelb fest – Für die Liberalen geht es um alles oder nichts

12.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:41 Uhr

Berlin (DK) Plötzlich stolpert Rainer Brüderle, rutscht aus am Bühnenrand. Schnell eilt FDP-Chef Philipp Rösler herbei, hilft. Schrecksekunde gestern Abend beim Wahlkonvent der Liberalen in Mainz. Doch sofort ist der FDP-Spitzenkandidat wieder auf den Beinen. „Meine Damen und Herren, es ist nix passiert. Es war nur ein bisschen glatt“, sagt der 68-Jährige.

Aufatmen im Saal des Kurfürstlichen Schlosses: Der FDP-Spitzenkandidat, der sich bei einem Sturz im Juni mehrere schwere Knochenbrüche zugezogen hatte, macht weiter, als sei nichts gewesen, hält unbeirrt seine Rede. Das liberale Glaubensbekenntnis, dazu scharfe Attacken und Kalauer gegen Rot-Rot-Grün: Brüderle holt zum verbalen Rundumschlag gegen Steinbrück, Trittin & Co. aus, gibt den Kämpfer.

Standing Ovations für Brüderle, Jubel, demonstrative Zuversicht für die Fernsehkameras. Wahlkreiskandidaten sind gekommen, Junge Liberale mit schwarz-gelben Sonnenbrillen, auch Hans-Dietrich Genscher, der Ehrenvorsitzende, ist da – die FDP-Gemeinde unter sich. Gut 90 Minuten liberales Schaulaufen in Mainz: Zehn Tage vor der Bundestagswahl holt die FDP in Brüderles Heimatstadt Schwung für den Endspurt.

Schwarz-Gelb oder Opposition – das ist das Signal des liberalen Wahlkonvents in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Die FDP setzt alles auf eine Karte: „Nicht hampeln, nicht ampeln“. Und so strikt die Liberalen ein Ampel-Bündnis ausschließen, so vehement warnen sie vor einer Großen Koalition und einer rot-rot-grünen „Verbotsrepublik“.

Wird die Bundestagswahl zur großen Zitterpartie für die FDP? Wenige Tage vor dem wichtigen Test bei der Landtagswahl in Bayern, der für die Liberalen nichts Gutes verheißt, wächst hinter den Kulissen die Nervosität. Anspannung statt ungetrübter Wahlkampf-Euphorie im Schloss am Rhein. Die Liberalen zeigen sich um maximale Geschlossenheit bemüht: Hier Brüderle, da Parteichef Philipp Rösler – allerdings kein Dreamteam, sondern eher eine Zweckgemeinschaft. Das liberale Spitzen-Duo fordert Kampfgeist auf den letzten Metern – auch angesichts der steigenden Umfragewerte der Euro-Rebellen von der Alternative für Deutschland.

Von ihrem ungestümen Elan im 2009er-Wahlkampf ist bei der FDP kaum noch etwas zu spüren. Die Partei wirkt zuweilen wie Spitzenkandidat Brüderle, der nach schwerem Sturz immer noch nach seiner Bestform sucht. Vier bis sieben Prozent sagen die Demoskopen voraus. Für die FDP geht es um alles oder nichts. Ein schwaches Abschneiden am Sonntag in Bayern könnte am Ende zumindest einen positiven Effekt haben. Es könnte Unionsanhänger dazu bewegen, sich für eine Leihstimme zugunsten der FDP zu entscheiden.