Berlin
Entzaubern statt ignorieren

Umfragewerte der Anti-Euro-Partei AfD alarmieren die schwarz-gelbe Koalition

23.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:14 Uhr

Berlin (DK) Die jüngsten Umfragen zeigen offenbar Wirkung. Glaubt man den Meinungsforschern, dann liegt die „Alternative für Deutschland“ plötzlich bei fünf Prozent. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, hätte die Anti-Euro-Partei gute Chancen in das Parlament einzuziehen.

Bei den etablierten Parteien schrillen die Alarmglocken. Die Bundestagsparteien sind aufgeschreckt. Wird die AfD zur Gefahr für Angela Merkel und die schwarz-gelbe Koalition? Werden die Euro-Gegner zu Wahlhelfern von Kanzlerkandidat Steinbrück? Oder sind sie am Ende der Türöffner für eine große Koalition?

Union und FDP gehen jetzt in die Offensive. Der bisherigen Strategie, die AfD einfach zu ignorieren, scheint man in den Parteizentralen nicht mehr zu vertrauen. „Die AfD ist nicht gut für Deutschland“, attackiert FDP-Chef Philipp Rösler. Deren Ziel der Wiedereinführung der D-Mark hätte fatale Konsequenzen, so der Liberale. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Menschen einer Partei vertrauen würden, die mit den Ängsten und Sorgen der Menschen spiele.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sieht in der AfD eine Ein-Themen- und Protestpartei mit einem „Vier-Seiten-Wahlprogramm“. „Ansonsten gibt es programmatische Leerstellen“, kritisiert er. Es gehe jetzt darum, die Anti-Euro-Partei in ihrer Schlichtheit der Antworten „zu entzaubern“. Die Partei könne Wähler aus allen politischen Richtungen gewinnen. Er gehe von einem knappen Rennen bei der Bundestagswahl im September aus. „Da nehme ich alles ernst, was außer uns auf dem Stimmzettel steht“, sagte Gröhe. Schadet die „Alternative für Deutschland“ vor allem Union und FDP? Joachim Starbatty, einer der Gründer, hatte als ausdrückliches Ziel seiner Partei den Sturz Angela Merkels genannt. Sein Vorstandskollege Alexander Gauland widersprach allerdings prompt. Eine Reihe von früheren CDU- und FDP-Mitgliedern war zuletzt zu der neu gegründeten Partei gewechselt, die erstmals bei einer Bundestagswahl antritt. Gefahr für Schwarz-Gelb? CDU-General Gröhe winkt ab und verweist auf jüngste Studien, nach denen die AfD aus allen politischen Lagern Stimmen gewinnen könnte. Forsa-Chef Manfred Güllner glaubt nicht an den großen Erfolg der AfD. Diese sei nur eine Wiedergängerin der Pro-D-Mark-Partei, die es 1998 bei der Bundestagswahl lediglich auf 0,9 Prozent gebracht hatte. Zwar sei die Zahl derer, die sich die Wahl dieser neuen Kraft vorstellen könnten, aktuell hoch. Doch bedeute dies nicht viel.

Bei den Liberalen rechnet man nicht mit einer Wählerabwanderung zur AfD. Die inhaltlichen Berührungspunkte seien sehr überschaubar, heißt es in einer internen FDP-Analyse. Doch rechnet man im Thomas-Dehler-Haus damit, dass die AfD den Konservativen in den Unionsparteien wieder Auftrieb geben könnte. „Mittelbar kann die Gründung der AfD eine Strategie-Debatte in der CDU/CSU befeuern und unter Umständen auch zu einer Stärkung der konservativen Einflüsse in der Union führen“, heißt es in der Bewertung.

Unabhängig davon, ob sie den Einzug in den Bundestag am 22. September schafft oder nicht, könnte die AfD zum Zünglein an der Waage werden. So kam die Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar gemeinsam mit den Freien Wählern nur auf 1,1 Prozent. Doch mit diesen Stimmen hätten Union und FDP in Hannover weiterregieren können, SPD und Grüne wären in der Opposition geblieben. Die Spitzen von CDU und Liberalen stellen allerdings klar, dass es mit der AfD keine Zusammenarbeit geben werde. „Ein Bündnis mit einer Partei, die raus aus dem Euro will, kommt für uns nicht in Betracht“, erklärt FDP-Chef Rösler.