Los
Angst vor dem Ende des amerikanischen Traums

Weil der künftige US-Präsident Trump Millionen von Menschen abschieben will, geht bei den Einwanderern ohne Papiere die Furcht um

13.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:03 Uhr

Los Angeles (AFP) Seit Donald Trumps Wahlsieg geht in den USA unter den Einwanderern ohne Papiere die nackte Angst um. Viele "Illegale" befürchten, dass es Razzien an ihren Arbeitsplätzen oder Wohnorten geben wird. Und dass sie schon bald abgeschoben werden könnten.

Dass diese Angst nicht unbegründet ist, machte der künftige Präsident gestern in seinem ersten großen Fernsehinterview seit seiner Wahl deutlich: Als eine seiner ersten Maßnahmen als Präsident kündigte er auf CBS die rasche Abschiebung von bis zu drei Millionen "Illegalen" an.

Die 50-jährige Libertad Sanchez aus Ecuador hat große Angst. Als Teenagerin kam sie in die USA, ein Aufenthaltsrecht hat sie bis heute nicht. "Wir sind sehr besorgt, weil wir nicht wissen, was passieren wird", sagt die in New York lebende Friseurin. Sie gehört zu den elf Millionen "Illegalen", die Schätzungen zufolge in den USA leben. Viele von ihnen tragen durch ihre Plackerei in meist schlecht bezahlten Jobs zum Funktionieren der US-Wirtschaft bei. Sie arbeiten als Tellerwäscher, Gärtner oder Kindermädchen, auf dem Bau, am Fließband, viele von ihnen zahlen auch Einkommenssteuer.

Doch Trump hat die überwiegend aus Lateinamerika stammenden "Illegalen" pauschal als Kriminelle beschimpft und die Ausweisung von Millionen von Menschen sowie den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko angekündigt. Anfangen will er mit der Abschiebung von Einwanderern ohne Papiere, die wegen Verbrechen verurteilt worden sind.

Zwar gab es bereits unter dem scheidenden Präsidenten Barack Obama massenhafte Abschiebungen - 2,5 Millionen Menschen wurden zwischen 2009 und 2015 über die Grenzen außer Landes gebracht. Doch Obama betrieb zugleich eine Einwanderungsreform, die Millionen von Menschen zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht verhelfen sollte. Das Projekt wurde aber von den Republikanern im Kongress und zuletzt auch vom Obersten Gericht abgeblockt.

Wenn Trump nun ernst macht, wird die Zahl der Abschiebungen drastisch zunehmen. Selbst seit vielen Jahren im Land lebende Einwanderer, die einst als Kinder illegal die Grenze überquerten, sind besorgt. "Es ist, als ob ich keine Heimat hätte. Ich bin eine Fremde in dem einzigen Land, das ich kenne", sagt die 21-jährige Samantha Yanez, die Trumps Wahlsieg nach eigener Schilderung um den Schlaf bringt. Die Mexikanerin kam als Sechsjährige illegal über die Grenze. Bislang wird sie noch durch ein Dekret Obamas zu als Kindern eingewanderten "Illegalen" vor der Ausweisung geschützt. Doch Trump hat dieses Programm kritisiert und könnte es kippen. "Ich fühle Wut, Traurigkeit, ich fühle mich vom amerikanischen Traum verraten", sagt Yanez.