Ingolstadt
"Ohne Samthandschuhe"

16.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Ingolstadt (DK) Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer spricht im Interview mit dem Donaukurier über die Diesel-Krise und die Verantwortung der Autobauer.

Herr Scheuer, Horst Seehofer stößt mit seinen Äußerungen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, auf Protest. Teilen Sie die Meinung Ihres CSU-Chefs?

Andreas Scheuer: Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Das ist seit Jahren die klare Position der CSU. Parteichef Horst Seehofer hat Recht. Die vielen Muslime, die bei uns leben, gehören zu Deutschland, wenn sie sich zu Deutschland bekennen und sich gut integrieren, wenn sie einen Migrationshintergrund haben. Unser Wertfundament beruht auf der christlich-abendländischen Kultur. Das ist unsere Leitkultur. Daran halten wir fest.

 

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts drohen Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge. Sehen Sie Chancen, dies zu verhindern?

Scheuer: Ich bin erst wenige Tage im Amt und führe intensive Gespräche. Ich kämpfe gegen Fahrverbote. Wir müssen alles dafür tun, um generelle Fahrverbote zu verhindern. Es geht hier um die Zukunft der Leitindustrie in Deutschland, um Hunderttausende von Arbeitsplätzen und Millionen Diesel-Fahrer. Zudem dürfen wir diese Branche nicht ständig schlecht reden, sondern müssen dafür sorgen, dass sie auch in Zukunft stark bleibt.

 

Bleiben Sie bei Ihrer Ablehnung der Blauen Plakette für saubere Fahrzeuge, um zumindest für einige Fahrzeuge Fahrverbote doch noch zu verhindern?

Scheuer: Die Blaue Plakette ist die Grundlage für Fahrverbote. Mit der Plakette löst man nicht das Grundproblem. Wir brauchen beides. Gute Mobilität und saubere Luft. Wir haben in den vergangenen Jahren erhebliche Verbesserungen bei der Reduzierung des Schadstoffausstoßes erzielt und die Luftqualität deutlich verbessert. Daran müssen wir weiter arbeiten.

 

Die Autobranche kann sich über Rekordgewinne freuen. Wäre es da nicht geboten, dass die Konzerne die Kosten für die Umrüstung der Diesel übernehmen?

Scheuer: Darüber werden wir sehr ernsthaft mit der Autoindustrie verhandeln. Ich setze da auf die Vernunft der Konzerne und werde sehr sehr schnell Gesprächsrunden organisieren, in denen wir uns auch deutlich und ehrlich die Meinung sagen werden. Samthandschuhe gehören angesichts der Dimension der Probleme jetzt nicht in den Instrumentenkasten. Wenn das Bemühen zur Problemlösung nicht erkennbar ist, wird es ohne gesetzliche Regelung nicht gehen. Die Kosten für die Umrüstung und die Beseitigung der Manipulationen dürfen am Ende nicht beim Verbraucher und beim Steuerzahler hängen bleiben. Alle Beteiligten müssen an einen Tisch und an einem Strang ziehen: Politik, Autohersteller und Kommunen.

 

Aber die Umsetzung der Ergebnisse bisheriger Diesel-Gipfel lässt weiter auf sich warten . . .

Scheuer: Einiges ist bereits auf dem Weg. Die Mittel aus dem vereinbarten Fonds müssen jetzt konsequent abgerufen werden. Jetzt wird umgehend eine Förderrichtlinie für die Umrüstung von 28.000 Stadtbussen erstellt. Auch Taxen, Kommunal- und Sonderfahrzeuge sind wichtige Aktionsbereiche vor Ort. Unsere Fachleute arbeiten mit Hochdruck daran. Das muss jetzt schnell gehen.

 

Es gibt offenbar Probleme bei der Einführung der Pkw-Maut . . .

Scheuer: Die Pkw-Maut ist beschlossen und kommt. Ich sehe nicht, dass es eine Verzögerung geben wird. Wir haben unsere Pläne aus dem letzten Koalitionsvertrag umgesetzt. Jetzt wird die Maut organisatorisch und technisch realisiert. Der Prozess läuft. Wir werden mit Hochdruck daran arbeiten, die Pkw-Maut zu starten und damit die Gerechtigkeitslücke auf deutschen Straßen schließen und so auch die ausländischen Nutzer an der Infrastrukturfinanzierung beteiligen.

 

Zur Digital-Offensive der großen Koalition gehört auch der Ausbau der Breitbandnetze. Wie wollen Sie Funklöcher schließen und schnelles Internet auch in den letzten Winkel bringen?

Scheuer: Wir haben drei Ziele: Die weißen Flecken im Mobilfunknetz müssen gemeinsam mit den Ländern und den Anbietern möglichst schnell geschlossen werden. Wir werden schnell den neuen G 5-Standard einführen. Das ist zudem wichtig für automatisiertes und autonomes Fahren auch im ländlichen Raum. Die Förderbescheide für den Breitbandausbau liegen auf dem Tisch der Bürgermeister. Das Geld muss abgerufen werden. Die starke Auslastung der Bauunternehmen sorgt aber oft vor Ort für eine schleppende Umsetzung. Hier müssen wir schneller und effizienter werden. ‹ŒDK

 

Das Interview führte

Andreas Herholz.