Berlin
Neue Vorwürfe gegen den Bundesverteidigungsminister

De Maizière soll schon Ende 2012 schriftlich über Euro-Hawk-Probleme informiert worden sein

12.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:02 Uhr

Berlin (DK) „Ein Untersuchungsausschuss“, brachte es einst Joschka Fischer auf den Punkt, „ist erstens ein Kampfinstrument, zweitens ein Kampfinstrument und drittens ein Kampfinstrument.“ Zwar wird der Untersuchungsausschuss zum Debakel um die Aufklärungsdrohnen Euro Hawk erst Ende Juni eingesetzt, doch der Kampf zwischen Regierung und Opposition hat bereits begonnen.

Auch gestern gab es wieder neue Vorwürfe gegen Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Danach soll der CDU-Politiker bereits im Dezember 2012 schwarz auf weiß über die Probleme des Drohnenprojektes informiert worden sein. Auf sechs Seiten einer Informationsmappe seien damals die Probleme und Risiken der Flugobjekte beschrieben worden. Der Minister habe den Erhalt der Unterlagen mit dem Aktenzeichen 75-60-00 persönlich quittiert, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

De Maizière hatte zunächst behauptet, erst am 13. Mai 2013 in einer Vorlage schriftlich von den Schwierigkeiten erfahren und daraufhin den Stopp des Projektes bestätigt zu haben. Das Verteidigungsministerium erklärte gestern, dass dem Minister die Probleme bei dem Milliardenprojekt auch im Dezember 2012 noch als lösbar beschrieben worden seien. Erst am 5. Juni hatte der Minister im Verteidigungsausschuss versichert, er sei vor dem Abbruch des Projektes am 13. Mai lediglich einmal am 1. März 2012 bei einer Besprechung über „lösbare Probleme“ beim Euro Hawk unterrichtet worden.

Für SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles ist das Maß voll, sie fordert „den sofortigen Rücktritt“, sieht de Maizière der Lüge überführt. Doch der Minister denkt auch weiter nicht an Rücktritt, bleibt bei seiner Version, dass er erst am 13. Mai diesen Jahres davon erfahren habe, dass es „unlösbare Probleme“ beim Drohnen-Projekt gegeben habe. Kanzlerin Merkel hält an ihrem Vertrauten fest. Rückendeckung erhält der CDU-Mann jetzt auch vom Vizekanzler: „Thomas de Maiziere hat den Fall seriös aufgeklärt und die Fragen glaubwürdig beantwortet. Die FDP wird den Verteidigungsminister bei der weiteren Aufarbeitung unterstützen. „Die FDP steht zu Thomas de Maizière“, erklärte Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Natürlich sei es „das gute Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen“, so Rösler. „Ich warne aber die Opposition, diesen Untersuchungsausschuss als politisches Kampfinstrument zu missbrauchen“, erklärte der Liberale. „Wieder einmal ist eine Verteidigungslinie des Selbstverteidigungsministers zusammengebrochen“, kritisiert dagegen Grünen Wehrexperte Omid Nouripour. De Maizière habe alle Informationen rechtzeitig vorliegen gehabt und zugesehen, wie viel Geld verbrannt worden sei.

Wann wusste der Verteidigungsminister genau was? Warum hat er nicht früher die Reißleine gezogen? Wie groß ist der Schaden für die Steuerzahler? Fragen, die die Opposition im Untersuchungsausschuss klären will. Doch bereits vor dem Start gibt es Streit um Termine, Auftrag, Tagesordnung und Zeugen. Während sich SPD und Grüne auf de Maizières Rolle in der Drohnen-Affäre beschränken wollen, planen Union und FDP, auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und den früheren SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping in den Zeugenstand des Untersuchungsausschusses zu holen und auch die politische Verantwortung der rot-grünen Bundesregierung seit 2001 für das Scheitern des Drohnen-Projektes zu hinterfragen.

Hundert Tage bis zur Bundestagswahl – viel Zeit für gründliche Aufklärung bleibt da im Untersuchungsausschuss nicht mehr. So wird das Gremium wohl von Regierung und Opposition vor allem als Wahlkampfarena genutzt werden.