Berlin
"Man sollte sich von solchen Soldaten trennen können"

Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Bundestages, zu Kindesmissbrauchsvorwürfen in der Bundeswehr

17.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Berlin (DK) Gibt es einen neuen Skandal rund um die Bundeswehr? Die "Bild"-Zeitung berichtet mit Bestätigung des Verteidigungsministeriums von 26 Verdachtsfällen auf Kindesmissbrauch bei der Truppe im Jahr 2017. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), nimmt die Berichte im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion sehr ernst.

Herr Bartels, allein vergangenes Jahr soll es bei der Bundeswehr gut zwei Dutzend Verdachtsfälle von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gegeben haben. Die Zahl ist zuletzt deutlich angestiegen. Hat die Truppe hier ein besonderes Problem?

Hans-Peter Bartels: Diese Fälle werden als besondere Vorkommnisse gemeldet, etwa wenn bei Soldaten zu Hause oder im Dienst kinderpornografische Inhalte entdeckt werden. Solche Meldungen haben in den vergangenen Jahren tatsächlich zugenommen. Die Ermittlungen der Polizei sind zuletzt offenbar besser und intensiver geworden, das gilt vor allem wohl für die technischen Möglichkeiten. Im Jahr 2017 waren es 26 gemeldete Verdachtsfälle bei der Bundeswehr. Ein Teil davon bestätigt sich später, ein Teil nicht. Die Bundeswehr ist auch hier Spiegel der Gesellschaft - und da 88 Prozent der Soldaten Männer sind: ein Spiegel des männlichen Teils unserer Gesellschaft. Ich gehe davon aus, dass es in der Truppe genau das gibt, was es auch um sie herum gibt.

 

Reichen die Warn- und Meldesysteme in der Truppe aus?

Bartels: Wenn Kameraden und Vorgesetzte so etwas mitbekommen, müssen sie es melden. Das geschieht auch. Dann muss es strafrechtlich verfolgt werden. Ein Teil der Fälle wird aber schon auf anderem Wege durch Ermittlungen der Polizei aufgedeckt.

 

Wenn sich ein Verdacht einmal bestätigt: Welche dienstrechtlichen Konsequenzen warten auf die betroffenen Soldaten? Welche Handhabe gibt es?

Bartels: Es ist nicht gut, dass sich die Bundeswehr prinzipiell nicht von Berufssoldaten trennen kann, die wegen einer Straftat, egal welcher, zu weniger als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Soldatinnen und Soldaten haben geschworen, Recht und Freiheit zu verteidigen, auch Recht und Freiheit von Kindern. Viele würden sich wünschen, dass man hier einen Strich ziehen und verurteilte Täter jedenfalls unter bestimmten Umständen, etwa bei Kindesmissbrauch, leichter entlassen könnte. Das ist ein Problem. Man sollte sich von solchen Soldaten trennen können.

 

Das Interview führte Andreas Herholz.