Berlin
Heiße Sondierungsphase kann beginnen

Erste Bewegung im Streit um den Familiennachzug Gabriel stellt der Union Bedingungen für neue große Koalition

27.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr

Berlin (DK) Erst das Jamaika-Aus, dann die Hängepartie um die große Koalition: Seit über drei Monaten wartet Deutschland auf eine neue Regierung, und das wird Kanzlerin Angela Merkel (CDU) heftig angelastet. Ihre Umfragewerte sind im Keller.

Immerhin: Eine Woche vor dem Spitzentreffen von Union und SPD kommt Bewegung in eines der Streitthemen. Der Appell von CDU-Vize Armin Laschet an die Union, beim Familiennachzug Kompromisse zu machen, stößt in Teilen der CSU auf fruchtbaren Boden: "Für eine Ausweitung der Härtefallregelung bin ich offen", so Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Es gehe darum, "insbesondere bei besonders tragischen Schicksalen - beispielsweise bei einer schwerwiegenden oder tödlichen Erkrankung - die Familienzusammenführung leichter und schneller zu ermöglichen".

Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der Christsozialen, wollte im Gespräch mit unseren Berliner Korrespondenten von Erleichterungen beim Familiennachzug hingegen gar nichts wissen: "Für die Gespräche mit der SPD gilt unser Regelwerk zur Migration von CDU und CSU", stellte er erneut klar. Und wenn die SPD den Familiennachzug für die 300 000 subsidiär Geschützen in Deutschland wieder ermöglichen wolle, bedeute dies "neue Zuwanderung und eine völlige Überforderung der Integrationsfähigkeit Deutschlands. Das würde zusätzlich die AfD weiter stärken. Das kann auch die SPD nicht wollen".

Hier das geschlossene Nein, dort Signale des Entgegenkommens - es zeigen sich erste Risse in der Abwehrmauer der CSU. CDU-Schwergewicht Laschet hatte sich für einen "behutsamen Ausgleich" zwischen der Begrenzung von Zuwanderung einerseits und Nachzugserleichterungen in humanitären Fällen andererseits stark gemacht. Dies sei "eine gute Formel, die eine Lösung bringen könnte", baute er CSU und SPD eine Brücke. Aber auch die SPD reagierte gestern skeptisch.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD, Foto) griff im Ringen um die große Koalition zur dicken Keule und stellte der Union Bedingungen: "Wenn das Kanzleramt alle Vorschläge zur EU-Reform weiterhin ablehnt wie bisher, wird es keine Koalition mit der SPD geben", so seine Ansage. "Und klar ist auch: Wenn die Union darauf besteht, dass gesetzlich Versicherte schlechter behandelt werden als Privatversicherte, dann macht es ebenfalls wenig Sinn, Koalitionsgespräche zu führen". An die Union richtete er die Forderung: "Die müssen mal aus ihrer Deckung kommen."

Der Countdown läuft, kommenden Mittwoch treffen sich die Partei- und Fraktionsspitzen von Union und SPD, um die heiße Sondierungsphase vorzubereiten. Auch wenn es zu einer Einigung kommt, dürfte eine Regierung nicht vor März stehen. ‹ŒFoto: Jutrczenka/dpa