Berlin
Die Ärzte kämpften um sein Leben

Altkanzler Helmut Kohl ist nach langem Klinikaufenthalt wieder daheim in Ludwigshafen

23.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:38 Uhr

Berlin (DK) Der Altkanzler ist zurück. Nach 24 Wochen im Krankenbett der Heidelberger Universitätsklinik auf verschiedenen Intensivstationen konnte Helmut Kohl das Hospital wieder verlassen. Bereits am vergangenen Montag hatte ihn seine Ehefrau Maike Kohl-Richter mit nach Hause ins Eigenheim in den Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim genommen, wie die „Bild“-Zeitung berichtete.

Die schwierigen Monate seien von Bangen und Hoffen begleitet und ein ständiges Auf und Ab gewesen, wird aus dem Umfeld des 85-Jährigen zitiert. Gesund sei der Altkanzler nicht, aber es gehe ihm den Umständen entsprechend gut. Monatelang hatten die Ärzte der Klinik um sein Leben gekämpft. Nach einer Hüftoperation Anfang Mai war es zu Komplikationen gekommen.

Damals hatte sein Büro nur mitgeteilt, dass der frühere Regierungschef sich einer ungeplanten Operation unterziehen und länger als geplant im Uniklinikum Heidelberg bleiben musste. Zuvor hatte es Spekulationen und widersprüchliche Meldungen über den Gesundheitszustand des Altkanzlers gegeben. Auch damals hieß es offiziell, es gehe ihm „den Umständen entsprechend gut“. Die Hüftoperation habe Kohl „sehr gut überstanden“. Im Anschluss sei allerdings ein weiterer Eingriff notwendig gewesen, der den Klinikaufenthalt entsprechend verlängert habe. Nach einer Darm-Operation sei sein Zustand sehr ernst gewesen, sagten Vertraute. Im politischen Berlin herrschte große Sorge um den Altkanzler. Die Zeitschrift „Bunte“ hatte zudem berichtet, dass der 85-jährige Kohl nach der OP über längere Zeit ohne Bewusstsein gewesen sein soll. Dies sei aus dem Umfeld des Altkanzlers bestätigt worden. Aus Klinikkreisen hieß es, Kohl leide unter einer „sehr komplexen Erkrankung“.

Bei einem Sturz im Februar 2008 in seinem Haus in Ludwigshafen hatte sich der Altkanzler eine schwere Kopfverletzung zugezogen und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Schon damals war sein Zustand nach einer erforderlichen schweren Operation kritisch und er wochenlang nicht ansprechbar. Kohl erholte sich nach einem langen Klinikaufenthalt zwar wieder, konnte aber seitdem kaum mehr verständlich sprechen und war auf einen Rollstuhl angewiesen. Zunächst war nur von einem leichten Sturz die Rede gewesen. Seine Frau habe ihm das Leben gerettet, berichtete Kohl später dankbar. „Wenn meine Frau nicht gewesen wäre, wäre ich nicht mehr am Leben“, sagte Kohl vor fünf Jahren anlässlich seines 80. Geburtstages. „Es geht mir ganz gut. Zu sagen, es geht mir richtig gut, wäre sicher übertrieben“, erklärte er damals.

Wenige Monate nach dem Sturz gaben sich der Altkanzler und seine Frau Maike Kohl-Richter in einer Heidelberger Rehaklinik, in der er sich von den Unfallfolgen erholte, das Jawort. Es ist Kohls zweite Ehe. Kohl regierte als Bundeskanzler 16 Jahre lang bis zum Machtwechsel 1998. Die CDU führte er 26 Jahre. Von 1969 bis 1976 war er Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, wechselte dann in die Bundespolitik und löste 1982 Helmut Schmidt (SPD) als Bundeskanzler ab. Von seinen Kritikern wurde Kohl lange unterschätzt, erlebte mit der Vollendung der Deutschen Einheit den Höhepunkt seiner politischen Karriere und die Verwirklichung eines Lebenstraums, machte sich um die Europäische Einigung verdient und gilt als einer der Väter des Euro. 1998 schließlich musste er Gerhard Schröder Platz machen, verlor die Wahl, stürzte seine Partei, die CDU, in eine tiefe Krise und schweigt bis heute über die Namen seiner Geldgeber in der CDU-Spendenaffäre.

Die ursprünglich angekündigte Veröffentlichung des vierten Teils seiner Memoiren, in dem es auch um die CDU-Spendenaffäre gehen soll, die das Ansehen des Altkanzlers Ende 1999/Anfang 2000 schwer beschädigt und Kohl schließlich das Amt des CDU-Ehrenvorsitzenden gekostet hatte, war nach seinem Unfall 2008 auf unbestimmte Zeit verschoben worden.