Zahnlose Tiger

Von Christian Tamm

28.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:10 Uhr

Es ist immer gut, wenn sich Staaten zusammensetzen und über mögliche Differenzen reden.

Es ist ebenso zu begrüßen, wenn Organisationen gegründet werden, mit deren Hilfe Missstände und Fehlentwicklungen international aufgeklärt oder gar sanktioniert werden können. Doch leider zeigt das aktuelle Beispiel der OPCW - also der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen -, dass diese Veranstaltungen oft nur zahnlose Tiger sind.

Zur Einordnung: Die OPCW soll in Zukunft nicht nur untersuchen, ob es einen Angriff mit Chemiewaffen gab. Sie soll auch offen benennen dürfen, wer für die Attacke verantwortlich ist. Dieser Beschluss war kaum gefasst, da drohte Russland schon damit, den Kreis der OPCW-Vertragsstaaten zu verlassen. Moskau hatte zuvor vergeblich versucht, die Machterweiterung für die Kontrolleure zu verhindern.

Dieses Vorgehen erscheint nicht nur fragwürdig, weil Russland unter anderem mit chemischen Attacken in Syrien - das ebenfalls gegen den Beschluss gewettert hatte - in Verbindung gebracht wird. Es zeigt auch deutlich auf, wo bei vielen internationalen Institutionen der Fehler im Bauplan liegt: Sie basieren auf Freiwilligkeit. Egal ob Internationaler Strafgerichtshof, UN-Menschenrechtsrat oder eben die OPCW: Wenn jeder Staat, der mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, einfach seine Mitgliedschaft aufkündigen und sich so möglichen Sanktionen entziehen kann, muss ein Umdenken her. Die Macht der betreffenden Institutionen muss ausgebaut und um ein Zugriffsrecht auf Nicht-Mitglieder erweitert werden.