Quittung für Orban

Von Wolfgang Weber

12.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:41 Uhr

Endlich einmal hatten auch die Konservativen die Nase voll von dem Gehabe des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban.

Im Europaparlament sicherte deshalb gestern die Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören - aber auch Orbans Partei Fidesz - die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für ein Sanktionsverfahren. Endlich, denn Ungarn steht seit Jahren in der Kritik: unter anderem wegen Manipulation des Wahlsystems, Eingriffen in die Pressefreiheit und die Freiheit der Wissenschaft an den Universitäten, wegen Menschenrechtsverletzungen und Behinderung der Justiz und dem menschenunwürdigen Umgang mit Flüchtlingen. Aber immer, wenn es brenzlig wurde und beispielsweise eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohte, gab Orban einen Schritt weit nach und kam mit einer Rüge davon.

Dieses Mal lief es allerdings anders. Bei seinem Auftritt im Europaparlament gab er sich trotzig und herrisch und am Abend schlug er nach dreistündiger Diskussion mit den EVP-Abgeordneten deren Angebot brüsk aus, auch diesmal einen Kompromiss zu finden. Schließlich - so Orban - gehe es um die "Ehre des ungarischen Volkes", das seit 1000 Jahren Mitglied der europäisch-christlichen Familie sei und "schwere Blutopfer für Freiheit und Demokratie" gebracht habe. Warum seine Regierung dann seit acht Jahren versucht, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auszuhöhlen, sagte Orban nicht. Und er erklärte auch nicht, wie es sich mit seinem Ehrbegriff verträgt, dass der Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments ihm und seinen Getreuen in Ungarn vorhält, sich gezielt persönlich an europäischen Geldern zu bereichern und nicht gegen Korruption und Klientelwirtschaft vorzugehen.

Ein EU-Staat, dessen Regierung offensichtlich kaum etwas von europäischen Grundwerten hält, sich aber gerne und ungeniert aus der Gemeinschaftskasse bedient - das war auch für den Chef der EVP-Fraktion, den CSU-Mann Manfred Weber, Grund genug, für das Strafverfahren gegen Ungarn zu stimmen. Selbst wenn sein Parteichef das anders sehen mag.