Mut zur "blauen Stunde"

Von Richard Auer

29.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:47 Uhr

Noch knapp zwei Monate, dann haben wir den 28. Oktober - und dann heißt es wieder wie bei Paulchen Panther: "Wer hat an der Uhr gedreht?

Ist es wirklich schon so spät? " Dann stellen wir EU-Bürger unsere Uhren von Sommer- auf Winterzeit zurück. Vielen beschert das ein paar Tage lang lästige Schlafstörungen - die lassen sich dazu nutzen, in Erinnerungen an die scheinbar endlosen, lauen, hellen Sommerabende zu schwelgen. Die Umstellung auf die Winterzeit ist Jahr für Jahr ein frustrierendes Ritual: Nun kommt man abends nach Hause - und es ist bereits stockfinster. Als hätte jemand ein schwarzes Tuch über den Papageienkäfig geworfen. Was hilft es da, wenn es im Gegenzug beim Aufstehen schon zaghaft hell ist?

Wer die Diskussion in den sozialen Medien verfolgt hat, kann nicht überrascht sein, welches Ergebnis die große Online-Umfrage der EU erbracht hat. Die Menschen, und hier vor allem die Deutschen, wünschen sich, dass die leidige Zeitumstellung ein Ende hat - aber nur unter einer Bedingung: Es soll dann dauerhaft die Sommerzeit gelten. Wer will den ewigen Winter?

Die langen Sommerabende sind den Deutschen ans Herz gewachsen. Im Optimalfall entsteht eine fast südländische Stimmung. Wie ein Geschenk fühlt sie sich manchmal an, diese "blaue Stunde", die spät am Feierabend bevorsteht. Der Mensch erhält ein Plus an Lebensqualität. Und das gilt bis weit in den Herbst hinein.

Ein Wechsel zurück zur reinen, dauerhaften Winterzeit würde diesem mediterranen Treiben ein Ende machen. Da wäre dann das Uhren-Umstellen noch leichter zu verkraften.

Der Auftrag, den die EU-Bürger und insbesondere die Deutschen der EU-Kommission vermittelt haben, ist sonnenklar: Die Zeitumstellung muss weg - und die die dauerhafte Sommerzeit muss her. Jawohl: Die EU-Kommission muss jetzt die Entscheidung über ganzjährige Sommer- oder Winterzeit den Mitgliedsländern überlassen - und sie sollte bloß nicht auf die Idee kommen, hier zu zaudern und zu zicken.

Denn es ist ein simples Thema. Aber an ihm ließe sich elegant beweisen, dass die Europäische Union den Mut zur "blauen Stunde" aufbringt; dass sie bereit ist, die Entscheidung über ein überschaubares Problem an die Mitgliedesländer zurückzureichen, ohne sich einen Zacken aus der Krone zu brechen. Das Uhren-Beispiel könnte dann Schule machen. Es wäre schön, wenn die Europäische Kommission hier auch bildlich gesehen die Zeit umstellen würde.