Kein Schlussstrich

Kommentar

18.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:46 Uhr

Singen, Lernen, Leben - so werben die weltberühmten Regensburger Domspatzen um Nachwuchs für ihren "harmonischen Dreiklang" aus Schule, Chor und Internat. Doch über Jahrzehnte hinweg bedeutete dies für mindestens 547 Jungen "Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager", wie die Opfer beklagen.

Lange hat das Bistum die Aufarbeitung dieses gewaltigen Missbrauchsskandals, eines der größten in der Geschichte der katholischen Kirche, vor sich hergeschoben. Endlich liegt nun ein Abschlussbericht vor, der ein erschreckendes Ausmaß zeigt. Es herrschte eine Kultur des Wegschauens, die Aufklärung war verschleppt, ja behindert worden. Immerhin: Mit der Aufarbeitung und dem Abschlussbericht hat das Bistum einen wichtigen Schritt getan. Einen Schlussstrich allerdings darf es nicht geben.

Das gilt nicht nur für die katholische Kirche, sondern für alle gesellschaftlichen Bereiche. Da ist es beschämend, dass sich das Gros der Bundesländer weiterhin nicht an den Kosten für einen Fonds für minderjährige Opfer sexueller Gewalt beteiligt. Kaum sind spektakuläre Missbrauchsfälle in Kirchen, Internaten, Schulen oder Vereinen wieder aus den Schlagzeilen verschwunden, lassen auch schon das Interesse und die Energie bei Aufklärung und Bekämpfung nach. Neben der konsequenten Fortsetzung der Aufarbeitung muss es härtere Strafen und vor allem auch deutlich bessere Prävention geben. Nach den vollmundigen Ankündigungen von Politikern lässt vieles davon noch immer auf sich warten. Die Opfer haben ein Recht auf entschlossenes Handeln. Kinder und Jugendliche müssen wirksam geschützt werden.