Bayern
Hier zählt der Bürger

Kommentar zur Landtagswahl von Christian Fahn

12.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:28 Uhr

−Foto: Foto: Hoppe/dpa

Selten ist ein Urnengang vorab mit so viel Pathos überfrachtet worden: Die CSU nennt die Landtagswahl an diesem Sonntag gar "Schicksalswahl" für Bayern.

Natürlich finden die Wahlen unter ungewöhnlichen Vorzeichen statt: Die CSU sieht sich mit niedrigen Umfragewerten konfrontiert - und sogar mit der Aussicht, sich auch in einer bislang kaum für möglich gehaltenen Koalition mit den Grünen wiederzufinden.

Historisch wäre ein schlechtes Abschneiden der CSU freilich nicht: In den 50er-Jahren landeten die Christsozialen einmal bei nur 27 Prozent. Größte Partei im Landtag war damals die SPD.

Die ist inzwischen kein echter Konkurrent mehr für die CSU. Wenn es gut läuft für die einst stolze Sozialdemokratie, könnte sie drittstärkste Kraft werden. Stärkster politischer Widersacher der CSU sind die Grünen. Sie bieten längst Konzepte, die in der Mitte der Gesellschaft und wertkonservativen Wählerkreisen mehrheitsfähig sind.

An dieser Stelle rächt sich - zumindest aus Sicht der CSU - der Erfolg Bayerns: Das klassische ländliche Klientel, in dem die CSU immer noch beheimatet ist, schrumpft. Und damit auch die Wählerbasis der Christsozialen. Das sogenannte moderne Bürgertum spielt im Gefolge des wirtschaftlichen Erfolges im Freistaat eine zunehmend größere Rolle. Aber in diesen Kreisen tut sich die CSU, die in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr die Selbstwahrnehmung der bayerischen Staatspartei entwickelt hat, traditionell eher schwer.

Wirklich historisch ist dagegen ein anderes Phänomen: Erstmals seit dem zweiten Weltkrieg wird mit der AfD eine Partei in den Landtag einziehen, die klar rechts von der CSU steht. Einige Umfragen sehen die Rechtspopulisten sogar als drittstärkste Kraft.

Dennoch ist die Landtagswahl an diesem Sonntag genauso viel oder wenig eine "Schicksalswahl" wie die Wahlen vorher: Tatsache ist, dass es die Bürger in der Hand haben, über das politische Schicksal ihres Bundeslandes zu entscheiden. Das ist ihr grundlegendes demokratisches Recht. Und wer die Demokratie ernst nimmt, der sollte zur Wahl gehen. Hier kann der Bürger direkt gestalten und Einfluss nehmen - völlig egal, welcher Partei er seine Stimme(n) gibt. Es wäre verantwortungslos, diese Chance nicht zu nutzen.