Ergebnisse zählen

Ein Kommentar von Christian Tamm

19.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:38 Uhr

Kurz vor den Olympischen Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang merkte Kim Jong Un, dass die Teilnahme vielleicht doch besser ist, als nur zuzuschauen. Der nordkoreanische Machthaber ging mit offenen Armen auf den Westen und den Nachbarn im Süden zu.

Plötzlich - nach Jahrzehnten der Drohungen - war es möglich, dass die Athleten der beiden so unterschiedlichen koreanischen Nationen gemeinsam einlaufen. Schon damals war verächtlich von den Kim-Festspielen die Rede gewesen, war zu viel Aufmerksamkeit für das Regime beklagt worden. Und nun planen Seoul und Pjöngjang gar eine gemeinsame Bewerbung für 2032.

Der Trubel um eine mögliche Olympia-Bewerbung darf aber nicht den Blick auf die politische Wirklichkeit versperren. Denn beim gestrigen Gipfel Kims mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In ging es vor allem um die Denuklearisierung der Halbinsel. Und hier sind die Schlagzeilen seit Monaten groß, die Fortschritte klein. Nun hat Kim erneut umfangreiche Zusagen gemacht. Er will einen seiner wichtigsten Atomkomplexe demontieren lassen, Raketenanlagen zurückbauen und all das unter den Augen internationaler Inspekteure. Dabei darf nie vergessen werden, dass einzig Ergebnisse zählen - nicht reihenweise Lippenbekenntnisse.

Was gestern verlautete, zeigt vor allem, dass dem Regime das Wasser bis zum Halse steht. Kim muss sich rasant den einstigen Todfeinden in Washington und Seoul annähern, bevor sein hungerndes Volk meutert und Peking die Geduld mit dem unberechenbaren Herrscher verliert. Er muss es schaffen, die harten Sanktionen gegen Nordkorea zu mildern. Die Zeit dafür ist günstig: Sein Intimfeind Donald Trump hat mit China ein neues Lieblingsziel seiner Wut. Kims Kurs der Verständigung ist auf jeden Fall besser als das gefährliche Säbelrasseln der Vergangenheit. Allerdings dient beides dem gleichen Ziel - der Sicherung seiner Macht.