Ein Kommentar von Chefredakteur Stefan König

27.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:12 Uhr
Der Diplom-Ingenieur Ferdiand Piech an seinem Schreibtisch (Archivfoto aus dem Jahr 1975). Der 1937 in Wien geborene Piëch gilt als leidenschaftlicher Auto- und Technikfreak. Neun Jahre lang - von 1993 bis 2002 - stand er an der Spitze des Wolfsburger Autobauers Volkswagen, danach wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrates. «Autos bauen», nannte er einmal als sein größtes Hobby. Das hat der Österreicher fast sein ganzes Leben lang getan: erst bei Porsche und Audi, dann bei VW. −Foto: Foto: dpa

Es war lange Zeit sehr ruhig um Ferdinand Piëch gewesen, die Nachrichten über den Gesundheitszustand des einstigen VW-Patriarchen verhießen nichts Gutes. Dennoch kam der Tod am Sonntagabend für viele überraschend.

Zu eng ist die Entwicklung und der Aufschwung der Automobilindustrie in Deutschland mit dem Namen Piëch verbunden. Das Autoland Deutschland ohne Ferdinand Piëch? Schwer vorstellbar. Gerade in Ingolstadt sollten sie ihm ein besonderes Andenken bewahren. Der Visionär, Entwickler und Techniker legte bei Audi unter anderem mit der Einführung des quattro-Allradantriebs, des Diesels mit Direkteinspritzung und der vollverzinkten Karosserie den Grundstein für den späteren Aufstieg der vier Ringe zur Premiummarke. Man will sich nicht vorstellen, was aus Audi und Ingolstadt ohne den "Alten" geworden wäre.

Dabei hat er sich mit seinem patriarchalischen Führungsstil nicht nur Freunde gemacht und im Lauf der Jahre eine große Mannschaft an Top-Managern verschlissen. Dazu kommt, dass seine Rolle im Dieselskandal noch ungeklärt ist. Die oft auf Dienen und Gehorchen ausgelegte Führungskultur hat den bislang größten Wirtschaftsskandal Deutschlands sicher begünstigt.

Auf der anderen Seite wird in diesen unruhigen und von Unsicherheit geprägten Zeiten auch deutlich, wie wichtig ein Konzernlenker mit Visionen und Charisma ist. Piëch konnte - trotz seines schwierigen Charakters - die Manager und Arbeiter hinter sich bringen und zu Höchstleistungen antreiben. Nirgendwo anders war der Begriff von der Familie so angebracht wie bei Volkswagen. Bei all den Sorgen und Nöten im VW-Imperium, angefangen bei der kriselnden einstigen Perle Audi, würde man heute gerne die Einschätzung des nun Verstorbenen hören.

Die Liste der Fragen bei Audi ist lang: Wie lange darf Bram Schot noch Chef bleiben? Wann kommt Markus Duesmann als sein Nachfolger? Oder zaubert VW-Chef Herbert Diess noch einen anderen Manager für die Audi-Spitze aus dem Hut? Ein Mann der klaren Worte,wie Piëch es war, fehlt dem Konzern.

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