Digitale Querelen

Von Johannes Greiner

03.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:06 Uhr

Auf den ersten Blick erscheint es reichlich absurd: Da will der Bund den Ländern fünf Milliarden Euro zukommen lassen, und die zieren sich. Haben die schon genug? Wissen nicht mehr, wohin mit dem Geld? Aber so einfach ist die Sache mit dem Digitalpakt eben nicht.

Es geht um das Grundsätzliche, um die Kräfteverhältnisse im deutschen Föderalismus. Die Angst der Länder ist groß, Berlin wolle erneut in die Bildungspolitik, den Kernbereich ihrer Zuständigkeiten, eingreifen und ihnen "goldene Zügel" anlegen. Unvergessen das Milliardenprogramm, mit dem die Regierung Schröder einst Ganztagsschulen durchsetzen wollte - sehr zum Unwillen der Unionsländer.

Mit der Föderalismusreform sollten diese Querelen eigentlich vorbei sein. Und nun schnürt die Bundesregierung das Paket wieder auf, um das derzeitige Standard-Sonntagsreden-Thema Digitalisierung an den Schulen voranzubringen. So wie es im Moment aussieht, gibt es bei der anstehenden Abstimmung im Bundesrat keine ausreichende Mehrheit für die notwendige Verfassungsänderung. Zeitraubende Nachverhandlungen im Vermittlungsausschuss dürften die Folge sein.

Fällt etwas auf? Von denen, um die es eigentlich geht, von den Schülern und Lehrern nämlich, war bisher überhaupt nicht die Rede. Das ist die eigentliche Crux an der ganzen Debatte. Während sich Bundesregierung und Ministerpräsidenten an der Föderalismusfront verkämpfen, vergeht wertvolle Zeit, die dafür gebraucht würde, die Schulen fit zu machen für die Lebenswirklichkeit und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das ist nicht nur eine Frage des Geldes. Es nutzt überhaupt nichts, die Klassenzimmer mit technischem Gerät vollzustellen, wenn nicht klar ist, für was das Ganze eigentlich sinnvoll eingesetzt werden kann. Zukunftsträchtige Unterrichtskonzepte, bessere Aus- und Weiterbildung der Lehrer - das können die Länder aber auch ohne Digitalpakt leisten. Sie müssen es nur tun.