Die Messer gewetzt

Von Wolfgang Weber

07.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:31 Uhr

Für Horst Seehofer ist sonnenklar, dass er auch nach der Landtagswahl am nächsten Sonntag CSU-Chef und Bundesinnenminister bleiben wird.

Schließlich habe er "eine Mission" zu erfüllen. Eine ganz andere Frage ist, was seine Parteifreunde davon halten. Denn zwar ist gar nicht sicher, ob die Wahl für die Christsozialen wirklich so schlimm ausgeht, wie aktuelle Umfragen erwarten lassen, aber in der Partei werden dennoch schon die Messer gewetzt und die Wut richtet sich allenthalben auf Seehofer.

Dabei spielt es keine Rolle, ob er für das erwartete Wahldebakel wirklich verantwortlich ist, oder bloß als Sündenbock herhalten muss. Es stimmt ja, wenn Seehofer betont, er habe sich nicht in den bayrischen Wahlkampf eingemischt, seitdem er im März das Amt des Ministerpräsidenten an den ungeliebten Markus Söder abtreten musste. Aber natürlich steht der CSU-Vorsitzende für die CSU. Was er tut, fällt auf die Partei zurück. Und Seehofer hielt auch in Berlin an seinem Kurs fest, der AfD das Wasser abzugraben, indem er deren zwei Themen - Ausländer und Frontstellung gegen Merkel - in Wort und Tat übernahm.

Egal, ob Seehofer die Migration zur "Mutter aller Probleme" stilisierte, bei einer Nebensächlichkeit auf nationalem Alleingang statt EU-konformer Lösung setzte, immer wieder die Regierungskoalition mit Querschüssen blockierte oder ob er zuletzt am untragbar gewordenen Verfassungsschutzpräsidenten erst festhielt und ihn dann auch noch zum Staatssekretär erheben wollte - immer wieder löste Seehofer bei AfD-Anhängern begeisterte Zustimmung aus, bei anderen Beobachtern nur Kopfschütteln.
Inzwischen ist unbestreitbar, dass Seehofers Kurs katastrophal falsch war, denn die AfD legt spektakulär zu, die CSU ist im Keller.

Denn statt an die AfD verlorene Wähler zurückzugewinnen, verprellte der CSU-Chef zahllose liberale und bürgerliche Wähler und auch solche, die christliche Werte leben und die Nächstenliebe und Verständnis für Verfolgte vermissen. Statt dessen verlangte Seehofer immer wieder die "Asylwende", als hätte sich die Flüchtlingspolitik seit 2015 nicht gravierend geändert und hätte nicht auch Angela Merkel schon längst die "Willkommenskultur" beerdigt.

Nun können Parteimitglieder und -Funktionäre mit vielem leben, aber erfahrungsgemäß nicht mit einem Vorsitzenden, der für eine verlorene wichtige Wahl steht. Aus Seehofers Umfeld heißt es dennoch, der CSU-Chef wolle dem Druck aus den eigenen Reihen nicht weichen. Er sei gewählter Parteivorsitzender und könne nicht einfach abgesetzt werden. Das stimmt. So wenig wie er im vergangenen März als Ministerpräsident einfach abgesetzt werden konnte.