Politik
Kommentar: Groko am Ende

02.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:37 Uhr
Wolfgang Weber

Das war's also. 100 Tage nach ihrer mühsamen Installation liegt die Bundesregierung in Trümmern, Formelkompromisse und Reparaturversuche hin oder her. Zerschlagen ausgerechnet vom kleinsten Koalitionspartner, der CSU.

Diese hatte sich auf ein waghalsiges Spiel eingelassen, das für die Führung der Partei ein paar Nummern zu groß war. Denn die CSU wollte zum einen auf Bundesebene als Regierungspartei mitmischen und zugleich in Bayern damit punkten, dass sie in Berlin die einzig schlagkräftige Oppositionspartei darstellt.

Dabei manövrierte sie sich in der Flüchtlingsfrage in eine Falle, aus der sie nur als Verlierer herauskommen konnte - es sei denn, Kanzlerin Angela Merkel hätte sich erneut vor den Christsozialen vorführen und demütigen lassen. Das kam für sie aber diesmal nicht in Frage, weil es bei der Abweisung von Migranten - und zwar im nationalen Alleingang - ums Eingemachte der EU geht. Statt der von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer geforderten Polizei-Aktion setzte Merkel auf Kompromisse mit den Nachbarstaaten und vertragliche Lösungen.

Hinzu kommt, dass über das Für und Wider gestritten werden kann, in der Bundesregierung allerdings nur so lange, bis die Kanzlerin ihre Richtlinienkompetenz geltend macht und die Diskussion beendet. Statt den Konflikt - letztlich eine Marginalie - hinter den Kulissen auszuräumen, drohte Seehofer daraufhin lautstark, sich über Merkels Entscheidung hinwegzusetzen und kraft seines Ministeramtes die Grenzen im Alleingang dicht zu machen. Dass er dies auch noch ohne jede Not - die Flüchtlingszahlen gehen zurück - mit einem Zwei-Wochen-Ultimatum garnierte, setzte dem Ganzen die Krone auf.

Vor diesem Hintergrund hat Merkel beim EU-Gipfel erstaunlich weitgehende Asyl-Vereinbarungen erreicht, wenn auch noch vieles erst als Absichtserklärung formuliert ist. Aber nicht anders geht europäische Politik. Besonnene in der CSU wissen das, und lobten Merkels Erfolg. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder tat das zunächst. Nicht so aber die Alles-oder-Nichts-Fraktion um Seehofer und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Mit ihrem Theater gestern zeigte sich die CSU verbohrt, rechthaberisch und kompromissunfähig - als politische Kraft in einer Koalition nicht zu gebrauchen. Jedenfalls nicht in einer Regierung, die eigentlich ganz andere Aufgaben zu bewältigen hätte, als sich um die Vorstellungen eines Horst Seehofers zu drehen.
 

Wolfgang Weber