Heidenheim und Kiel oben, Schalke und Hertha unten. Im deutschen Profifußball scheint die 2. Liga immer mehr an die Bundesliga heranzurücken. Mit Blick auf die Finanzen gilt eher das Gegenteil.
Für Fußball-Puristen hat der Auftakt der 2. Bundesliga sogar mehr zu bieten als der Saisonstart im Oberhaus. Schon sehr häufig war von „der stärksten zweiten Liga aller Zeiten“ die Rede - der Begriff ist zu einer beliebten Floskel geworden. Doch mit Blick auf die Zuschauerzahlen und die Anzahl der Traditionsclubs ist der Trend eindeutig: Pünktlich zu ihrem 50. Geburtstag strahlt die zweite Liga tatsächlich so hell wie selten zuvor.
Wenn der 1. FC Köln und der Hamburger SV am Freitagabend (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) die 51. Saison eröffnen, passt einiges: zwei Traditionsclubs, die von den Namen her in die Bundesliga gehören. Ein volles Stadion, das vor kurzer Zeit noch als Spielstätte bei der Heim-EM diente. Und drei Wochen vor dem Start der Eliteliga zur Primetime eine Free-TV-Übertragung. Die Bundesliga kommt da mit Borussia Mönchengladbach gegen Meister Bayer Leverkusen kaum spektakulärer daher.
Klose mag Abenteuer
Gleich zwölf Meister (DDR-Titelträger und KSC-Vorgänger Karlsruher FC Phönix inbegriffen) treten an - das sind mehr als in der Bundesliga, in der inzwischen der FC Augsburg und Mainz 05 etabliert sind und der 1. FC Heidenheim in seine zweite Saison geht. Holstein Kiel und der FC St. Pauli sind als Aufsteiger neu dabei. „Es ist wieder mal die beste zweite Liga aller Zeiten“, sagte der Fürther Trainer Alexander Zorniger. Auf die Frage, was sein Ziel sei, sagte er: „Überleben.“
Die größte Attraktion der neuen Zweitliga-Spielzeit sitzt ein paar Kilometer weiter auf der Trainerbank: Ex-Weltmeister Miroslav Klose übernimmt beim 1. FC Nürnberg, der zwar neunmal deutscher Meister ist, aber seit Jahren immer mehr im Mittelmaß der 2. Liga zu versinken droht.
„Ich mag Abenteuer“, kündigte der WM-Rekordtorschütze bei seinem Start am Valznerweiher an. Er nannte es zwar „vermessen“, vom Aufstieg zu reden. Doch das furiose 3:0 gegen Italiens Spitzenclub Juventus Turin weckte zusätzliche Begeisterung im fußballbegeisterten Nürnberg. Selbst wenn der „Club“ in der Liga, in der es diesmal keinen klaren Favoriten gibt, nicht in der Spitzengruppe sein sollte, werden die Franken wegen Klose zu einem Hingucker.
Mehr Zuschauer als in der Serie A
Mit Blick auf die Zuschauerzahlen ist die 2. Bundesliga nicht nur besser als alle anderen zweiten Ligen unterwegs - sondern längst in Europas Spitze angekommen. Durchschnittlich schauen mehr Fans zu als in der italienischen Serie A oder der französischen Ligue 1. An manchen Wochenenden pilgern mehr Anhänger in die Zweitliga-Stadien als in die der Bundesliga.
„Es freut mich für die 2. Liga. Wir haben die mit Abstand attraktivste 2. Liga in Europa. Die Reichweite, die wir in der vergangenen Saison erzielt haben, war stark“, sagte DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel. Mit Köln statt Kiel sowie dem Aufstieg von Traditionsclub Preußen Münster könnte die Liga in diesem Jahr noch spannender werden.
Baumgart und Kuntz beim HSV
Neben Köln drängen viele weitere Clubs zurück nach oben. Für Hertha BSC und den FC Schalke 04 ist die zweite Liga, die nur etwa 20 Prozent der milliardenschweren TV-Gelder einstreicht, langfristig schwer darstellbar. Auch hier dient Nürnberg als Beispiel. Der Verein spielt nun die elfte Zweitliga-Spielzeit in elf Jahren und wirkt im großen Geschäft finanziell zunehmend abgehängt.
Das will der HSV unbedingt vermeiden. Doch der ehemalige Bundesliga-Dino befindet sich in einer Art Hamsterrad - die am Freitag beginnende Spielzeit ist bereits der siebte Anlauf, ins Oberhaus zurückzukehren.
„Weniger erzählen, mehr arbeiten“
Trainer Steffen Baumgart und Sportvorstand Stefan Kuntz sollen nun zu den Gesichtern des Aufstiegs werden. „Ich habe das erste Mal in meiner Trainerlaufbahn einen Chef, der als Spieler im Fußball viel mehr erreicht hat als ich. Es macht schlicht Spaß zu kommunizieren, weil ich feststelle, dass da ein noch größeres Verständnis ist“, sagte Baumgart dem Magazin „11Freunde“.
Dass ein großer Name und viel Tradition beim Aufstieg helfen, widerlegt die vergangene Saison. Clubs wie Hertha, Schalke und Düsseldorf pochten auf einen der beiden ersten Plätze - und gingen leer aus. Stattdessen spielen nun Kiel und St. Pauli eine Liga höher. Oder wie es Herthas Haris Tabakovic im „Kicker“ formulierte: „Es wird bestimmt wieder ein Überraschungsteam wie zuletzt Kiel geben: eine Mannschaft, die weniger erzählt und mehr arbeitet. Manchmal ist das besser.“
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