Suche nach Bundestrainer
DFB nimmt angeblich Kontakt zu Nagelsmann auf – aber es ist ziemlich kompliziert

13.09.2023 | Stand 13.09.2023, 16:02 Uhr

Wird er Bundestrainer? Julian Nagelsmann.  − Foto: dpa

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) forciert seine Suche nach einem neuen Bundestrainer. Drei Tage nach der Freistellung von Hansi Flick soll der Verband Kontakt zu Julian Nagelsmann aufgenommen haben. Das berichtet Sport1.





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Der 36-Jährige soll sich ein Engagement vor dem Hintergrund der Heim-EM in neun Monaten vorstellen können. Nagelsmann steht noch bis 2026 beim deutschen Fußball-Rekordmeister Bayern München unter Vertrag. „Am FC Bayern würde es sicher nicht scheitern“, sagte allerdings Ehrenpräsident Uli Hoeneß. Die Bayern wären froh, Nagelsmann von ihrer Gehaltsliste zu bekommen.

DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der die Nationalmannschaft einmalig beim Sieg gegen den Vize-Weltmeister Frankreich (2:1) am Dienstag in Dortmund betreut hatte, bezeichnete Nagelsmann zuletzt als einen „absoluten Top-Trainer“.

„Mein Bauchgefühl sagt mit, dass es Nagelsmann wird“



Völler, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und dessen Vize Hans-Joachim Watzke suchen den Flick-Erben. Dieser soll spätestens zur US-Reise der DFB-Auswahl im Oktober feststehen. „Mein Bauchgefühl sagt mit, dass es Nagelsmann wird“, urteilte TV-Experte Bastian Schweinsteiger schon am Dienstag in der ARD.

Nagelsmann mag für viele wie der logische Nachfolger des geschassten Hansi Flick auf dem Posten des Bundestrainers erscheinen, doch so einfach ist die Sache längst nicht.

Das liebe Geld dürfe kein Hindernis sein



Verbandsintern gibt es Vorbehalte gegen den Mann, der mit erst 36 Jahren der jüngste Chefcoach in 123 Jahren DFB-Geschichte werden könnte. Die Skepsis speist sich nicht nur aus dem finanziell für den klammen Deutschen Fußball-Bund (DFB) kaum darstellbaren Paket, das ein Engagement kosten würde. Selbst wenn dessen Ex-Klub Bayern München, bei dem Nagelsmann trotz Entlassung im März noch bis 2026 ein fürstliches Gehalt bezieht, dem DFB bei der Ablöse entgegenkäme, müsste man selbst ja noch ein üppiges Gehalt berappen. Plus zwei teure Assistenten bezahlen. Zusätzlich zu Flick und seinem Stab, die noch bis 2024 kassieren.

Das liebe Geld, hieß es nach SID-Informationen bei der Videokonferenz am Sonntag, auf der Flicks Aus beschlossen wurde, dürfe kein Hindernis sein. Doch die Vorbehalte einiger Verbandsfürsten sind nicht allein finanzieller Natur. Mancher hält Nagelsmann für etwas überschätzt, anderen ist das „Trainertalent“ zu jung.

„Ich glaube, dass er noch nicht so weit ist“



Aber würde Nagelsmann überhaupt wollen? Seit seinem plötzlichen Aus bei den Bayern war er mit verschiedenen Top-Klubs aus England und Frankreich im Gespräch, lehnte aber letztlich überall wegen eigener Bedenken ab. Weil er auf den DFB-Job lauerte?

Dass ihn die Mission Heim-EM reizen würde, gilt als offenes Geheimnis. Im Juni, ist zu hören, wäre er gegenüber etwaiger DFB-Avancen aufgeschlossen gewesen. Eine Kontaktaufnahme seitens des Verbandes gab es sehr zur Verwunderung der Nagelsmann-Seite damals nicht – trotz veritabler Flick-Krise. Dass er jetzt ein offensichtliches Himmelfahrtskommando übernehmen würde, gilt zumindest als fraglich.

„Ich glaube, dass er noch nicht so weit ist, dass er lieber die tägliche Arbeit mit einer Mannschaft will und braucht“, meint Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. Nagelsmann gilt eher als Entwickler denn als Feuerwehrmann.

Würde Watzke ihn lieber beim BVB sehen?

Das große Plus: Er kennt die traditionell starke Bayern-Achse der Nationalelf wie kein Zweiter. Führungsspieler wie Joshua Kimmich oder der gerade von Flick ausgebootete Leon Goretzka betrauerten sein Aus in München öffentlich. Sie könnten sich für ihn ab Oktober besonders reinwerfen. Sein Verhältnis zum langjährigen Kapitän Manuel Neuer dagegen gilt als angespannt, das zu Jungstar Jamal Musiala nicht als störungsfrei.

Pikant: Die Personalie Nagelsmann wird nicht ohne die Zustimmung von DFB-Vize Hans-Joachim Watzke entschieden. Dem wurde zuletzt trotz gegenteiliger Beteuerungen nachgesagt, er würde den Coach gerne bei seiner Borussia in Dortmund sehen.

Sané: Nagelsmann guter Trainer

Leroy Sané kann sich seinen früheren Bayern-Coach Julian Nagelsmann gut als Bundestrainer vorstellen. „Julian ist ein guter Trainer, das auf jeden Fall, eine gute Person auch“, sagte der 27 Jahre alte Offensivspieler vom deutschen Bundesliga-Rekordmeister am Dienstag nach dem 2:1-Testspielsieg in Dortmund gegen Vize-Weltmeister Frankreich. „Schauen wir mal, was passiert. Ob er Bock drauf hat. Klar wäre es schön, ihn wiederzusehen, mit ihm zu arbeiten, auf jeden Fall.“

Der neue Bundestrainer stehe vor einer „großen Aufgabe“, sagte Sané. „Vor allem, wie wir gerade drauf sind. Aber ich glaube, der nächste Trainer, der kommt, hat nicht viel zu verlieren. Wir stehen gerade nicht allzu gut da. Wir haben eine große Aufgabe vor uns vor der Heim-EM.“ Der Sieg gegen Frankreich war der erste nach zuvor fünf sieglosen Spielen.„Das tut mal wieder gut. Die Fans waren toll, die standen hinter uns“, sagte Sané. „Es war noch nicht alles perfekt, aber wir wollten einfach mal wieder gewinnen, auch für die Fans.“

− sid/la