Wer schon einmal Kinder trainiert hat, weiß, wovon er spricht. Lothar Matthäus (63) ist nicht mehr Jugendcoach des oberbayerischen TSV Grünwald. Der Grund: die Eltern der Nachwuchskicker.
Seit Bekanntwerden seines Rückzugs als Trainer beim TSV Grünwald hat der deutsche Rekordnationalspieler viel Zuspruch von Menschen mit Erfahrungen im Nachwuchsfußball bekommen. „Viele sagen, sie erleben Ähnliches. Vielleicht hat man auch deshalb ein Problem, Leute zu finden, die das machen wollen“, sagte der Weltmeister von 1990 in einem Interview der Mediengruppe „Münchner Merkur/tz“ und ergänzte: „Mir tun die Kids leid. (...) Mir hat es wehgetan, den Schlussstrich zu ziehen. Aber für mein Leben ist es eine Erleichterung.“
Der frühere Weltfußballer betreute beim Nachwuchs des Bayernliga-Aufsteigers in den vergangenen zwei Spielzeiten die Mannschaft seines Sohnes Milan. Das Problem: einige der Eltern der Nachwuchskicker. „Wenn die Verantwortlichen beleidigt werden, du nachts um 23 Uhr Anrufe annehmen oder morgens um 7 Uhr WhatsApps beantworten musst, geht das nicht“, sagte Matthäus: „Ich kann nachvollziehen, dass jeder zuerst an sein eigenes Kind denkt. Aber wenn du im Mannschaftssport bist, musst du an die Mannschaft denken.“
Eltern gehen aufeinander los
Zunächst hätten Mütter und Väter nur während der Spiele am Rand zu ihrem Nachwuchs gerufen: „Lauf schneller! Mach dies! Mach das! Schon da habe ich gesagt, dass ich das nicht brauche“, sagte Matthäus. Für dreimal wöchentlich Training und ein Spiel habe er neben seinem Job als TV-Experte viel Zeit geopfert, das aber auch gerne gemacht. „Aber als die Eltern untereinander mit Beleidigungen auf sich losgegangen sind, war es zu viel.“
Das Verhalten einiger Eltern „war teilweise unterste Gürtellinie - immer von denselben zwei, drei, vier, die Politik in eigener Sache gemacht haben“, berichtete Matthäus. „Da habe ich mich gefragt: Warum mache ich das? Ich nehme das alles in mein Privatleben mit, ich habe die Kinder echt ins Herz geschlossen“, sagte der 63 Jahre alte Ex-Profi des FC Bayern. Auch die Erfahrung von 150 Länderspielen half dem Weltmeister-Kapitän von 1990 offenbar nicht vor Kritik an seiner Amtsführung. „Und dann habe ich mir gedacht, den ganzen Tag am Telefon hängen und das alles anhören müssen, was ich alles falsch mache. Jedem sein Kind spielt zu wenig. Dann habe ich mir gedacht: Soll es ein anderer machen, vielleicht macht er es besser“, berichtete der 63-Jährige, der in seiner Karriere schon die ungarische und bulgarische Nationalmannschaft (bis 2010) gecoacht hatte. Seit mehr als zehn Jahren tritt die deutsche Fußball-Ikone nur mehr als Experte in Erscheinung.
Matthäus-Sohn wechselt Verein
Sein Sohn habe nun den Verein gewechselt. „Er spielt jetzt in Ismaning, gemeinsam mit einigen anderen aus Grünwald“, sagte Matthäus: „Das sind zwei Kilometer mehr, aber zehn Minuten weniger Fahrtzeit. Und hoffentlich weniger Eltern wie die, die mich zu dem Schritt gebracht haben.“
− dpa/red
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