RB Leipzig bleibt in der Champions League ohne Zähler. Selbst Überzahl und eine zweimalige Führung reichen gegen den italienischen Rekordmeister nicht zum Heimsieg. Die Ansprüche klaffen auseinander.
Direkt nach der zweiten Champions-League-Pleite in der Schlussphase machte sich Red-Bull-Chef Oliver Mintzlaff auf den Weg in die Kabine der weiter punktlosen Leipziger. „Er war natürlich auch enttäuscht, so wie wir alle“, berichtete Cheftrainer Marco Rose nach dem bitteren 2:3 (1:0) gegen den italienischen Rekordmeister Juventus Turin. Nach zwei Vorrundenspielen steht RB mit null Zählern auf Platz 29 von den 36 Teams.
Ansprüche und Realität klaffen bei RB derzeit weit auseinander. Es war fast schon ein erneuter Beleg für die wachrüttelnden Aussagen von Mintzlaff in einem „Kicker“-Interview („Wir waren leider noch nie da, wenn die Lücke aufging“). Wieder einmal leisteten sich die Leipziger Profis trotz ansprechender Leistung einen Aussetzer und ließen einen möglichen Sieg gegen einen der Großen in Europa liegen. „Bei dem Niveau müssen wir bis zum Schluss alles richtig machen, das haben wir heute nicht geschafft“, sagte Sportdirektor Rouven Schröder.
Diesmal reichte selbst eine zweimalige Führung von Benjamin Sesko (30. Minute/65. Elfmeter) sowie eine personelle Überzahl nach Roter Karte von Juve-Torwart Michele Di Gregorio (58.) nicht für einen Erfolg. „Wir hatten den Gegner am Haken, du darfst dir auf diesem Topniveau eben nichts erlauben. Für uns ist das ein hartes Learning, aber genau das müssen wir jetzt mitnehmen. Es gibt auch keine Alternative“, analysierte Rose und meinte mit Blick auf das Königsklassen-Tableau: „Da hast du null Punkte und noch sechs Spiele. Wir wissen, dass da noch einige Kaliber auf uns zukommen. Irgendwann musst du anfangen zu punkten.“
„An alle Rädchen schrauben“
Nach den deutlichen Aussagen von Mintzlaff war Rose um Deeskalation bemüht, auch wenn es bei so einem Interview „immer unterschiedliche Wahrnehmungen“ gäbe, wie er betonte. Doch „Oliver Mintzlaff und Marco Rose wollen dasselbe, erfolgreichen Fußball im Verein spielen. Und dafür geben wir alles. Dafür versuchen wir zu pushen, versuchen an alle Rädchen zu schrauben“, erklärte Rose, der vor dem Spiel mit seinem Chef zusammen saß. „Der Kaffee am Mittag war mega warm und angenehm. Und das Gespräch auch.“
Der 48 Jahre alte Coach verdeutlichte, dass „wir jetzt irgendwo an einem Punkt sind, wo wir alle das Gefühl haben, okay, was könnte der nächste Schritt sein? Da ist das Spiel heute ein ganz gutes Beispiel“. Man müsse es dann zu Ende bringen, gewinnen, drei Punkte mitnehmen. „Ich glaube, das ist das, worauf Oliver abgezielt hat, das ist das, was Oliver auch will.“
Grundsatzfrage bei RB
In der Außenwahrnehmung stellt sich natürlich die Grundsatzfrage nach der Ausrichtung des ambitionierten Clubs. Da sind einerseits die Möglichkeiten des Getränkekonzerns mit dem ehrgeizigen und bestens vernetzten Sportmanager Mintzlaff, auf der anderen Seite das interne Ziel am Leipziger Cottaweg mit der RB-DNA junge Spieler zu entwickeln und Mehrgewinne zu regenerieren. Mintzlaff räumte ein, dass sich „die Lücke nach ganz oben in Europa“ nicht schließen lasse, „weil es da viele Top-Clubs gibt, die noch ganz andere Möglichkeiten als wir haben“.
Gleichzeitig sieht Rose seine jungen Talente weiter im Lernprozess auf hohem Niveau, nachdem Dušan Vlahović (50./65.) zweimal ausglich und der eingewechselte Francisco Conceicao (83.) in Unterzahl noch zum Sieg traf. Er wolle seine „Jungs nicht an den Pranger stellen“. Sie seien schon alle am rechten Fleck, auch wenn sie noch nicht alles auf den Platz bringen. Bei anderen Vereinen sei „die Zündschnur, was Spielzeiten und Einsätze betrifft, sicherlich etwas kürzer. Hier dürfen sie Fehler machen, dürfen auch mal schlechte Phasen haben. Hier können sie sich weiterentwickeln“, meinte Rose.
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