10 Jahre deutsches Finale in Wembley
Ex-BVB-Profi Sven Bender über das CL-Finale gegen den FC Bayern und Trainer Jürgen Klopp

24.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:36 Uhr

Bayerisches Duell im deutschen Finale: Der Brannenburger Sven Bender (für den BVB) und der Kolbermoorer Bastian Schweinsteiger (für den FCB) lieferten sich einige Zweikämpfe. Foto: Imago Images

Sven Bender war dem Triumph in der Champions League mit dem BVB ganz nah. Doch der Traum platzte – und die Bayern jubelten. Der Brannenburger denkt mit Wehmut und Stolz an das deutsche Finale am 25. Mai 2013 in Wembley.

Die Kameras im Wembley-Stadion fangen jede Emotion des nervenaufreibenden Champions-League-Finals 2013 zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund ein. Als der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli das deutsche Endspiel nach gut 90 Minuten abpfeift, sacken alle Schwarz-Gelben zusammen. Vorbei ist der Traum vom Gewinn des Henkelpotts. Auf Dortmunder Seite ist es nahezu mucksmäuschenstill. Die Fans in der Kurve, die Bosse auf der Tribüne und die Spieler auf dem Platz – allen hat es die Sprache verschlagen. Einer von ihnen: Sven Bender, im Finale in der BVB-Startelf.


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„Die Niederlage war im ersten Augenblick schon brutal ernüchternd“, sagt der Ex-Profi gegenüber unserer Zeitung. „Man geht die ganze Saison einen langen und harten Weg für dieses eine Spiel.“ Dann nicht dafür belohnt zu werden, sei „natürlich enttäuschend. Viele Erinnerungen um das Finale sind verblasst. Wie es so ist mit Momenten, die man nicht oft erlebt. Dass nicht so viele positive Emotionen von dem Tag hängen bleiben wie bei einer Meisterschaft oder einem Pokalsieg, macht die Erinnerungen noch ein wenig lichter.“ Stolz ist der inzwischen 34-Jährige dennoch. „Es bleibt ein Highlight“, sagt der Defensivspezialist. „So ein Spiel – das größte im europäischen Klubfußball – überhaupt spielen zu dürfen, ist etwas, wovon man als kleiner Junge träumt, eine riesige Ehre.“

Sven Bender: So motivierte und Klopp vor dem Finale

Die Dortmunder treten an jenem 25. Mai so auf, wie es ihre Europacup-Saison hergibt: mit schier grenzenlosem Selbstvertrauen. Das kommt nicht von ungefähr: Erst löst ein dramatisches 3:2 gegen den FC Malaga das Ticket fürs Halbfinale, dort überfährt der BVB im Hinspiel Rekordchampion Real durch Robert Lewandowskis Viererpack sensationell mit 4:1 und bringt den Vorsprung in Madrid mit großem Kampf über die Zeit. Wembley calling!

Motivationskünstler Jürgen Klopp tut sein Übriges dazu: „Beim Abschlusstraining in Wembley am Vorabend des Finals nahm er uns zur Seite und sagte: ‚Schaut euch mal um, wo wir hier sind. Saugt das alles auf‘“, erzählt Bender lachend über seinen ehemaligen Trainer. „Was ‚Kloppo‘ unmittelbar vor dem Spiel in der Kabine gesagt hat, weiß ich nicht mehr genau. Aber das war bei jedem Spiel gut. Er ist ein super Motivator.“

Sven Bender im CL-Finale mit starker Partie

Ehe Bender in der Nachspielzeit durch Nuri Sahin ersetzt wird, liefert er ein starkes Spiel ab und reibt sich in Zweikämpfen mit Bastian Schweinsteiger, Javi Martínez oder Mario Mandzukic auf. „Wir hatten in diesem Spiel eine brutale Intensität. Jeder hat alles, was in ihm steckte, gegeben. Wir haben alles aus uns gepresst und waren alle am Anschlag“, erinnert sich Bender, der in der Saison 2012/13 mehr als 54 Prozent seiner Zweikämpfe gewinnt und auch im Finale ein Fels in der Dortmunder Defensiv-Brandung ist.

Der BVB ist nah dran, die Bayern nach der Meisterschaft 2011 und dem Double ein Jahr später erneut zu ärgern. „Das Spiel hätte auf die eine oder die andere Seite kippen können. Gerade zu Beginn der Partie waren wir stark unterwegs“, ist sich Bender sicher. Doch FCB-Keeper Manuel Neuer verhindert die BVB-Führung. Das Spiel wiegt hin und her, Ilkay Gündogans Elfmetertor kontert den Münchner Treffer durch Mandzukic. Hier und da übertreiben es beide Teams etwas mit der Intensität. Franck Ribéry und Lewandowski hätten gemäß heutiger Regeln und technischer Möglichkeiten die Rote Karte gesehen, auch Bayerns Dante wandelt am Platzverweis.

Sven Bender über das Finale 2013: Wir konnten trotzdem stolz sein

Nach Neven Subotic’ heroischer Rettungstat gegen Arjen Robben und zwei Glanzparaden Roman Weidenfellers gelingt Robben – im Finale 2012 noch der große Pechvogel – das Münchner Siegtor. Augenblicke später bricht mit dem Schlusspfiff für Dortmund eine Welt zusammen. Die Blicke sind leer, als der Tross am Henkelpott vorbeizieht. Benders Gesichtszüge sind verkniffen, Klopp nimmt ihn in den Arm. „Wir konnten aufrecht aus dem Stadion gehen, weil wir alles versucht haben“, sagt Bender zehn Jahre nach der Wembley-Nacht. „Das hat dazu beigetragen, dass der Schmerz über die Niederlage auch wieder verflogen ist.“

Sven Bender wünscht BVB die Meisterschaft

Ganz nah dran am Profifußball ist Bender, inzwischen Assistenztrainer der deutschen U16-Nationalmannschaft, seit seinem Karriereende 2021 nicht mehr. In seiner Freizeit kickt er zusammen mit Zwillingsbruder und ebenfalls Ex-Profi Lars seit zwei Jahren für seinen Jugendklub TSV Brannenburg (Kreis Rosenheim), jüngst gelang der Kreisliga-Aufstieg. Für Bender geht es im Fußball längst um andere Werte. „Wir wollen etwas zurückgeben“, sagt er vor dem Benefizspiel in Brannenburg am 15. Juli, das die Bender-Zwillinge mitorganisieren. Ganz losgelassen hat den langjährigen Dortmunder (2009 bis 2017) die Bundesliga nicht. Auf den letzten Spieltag an diesem Samstag freut er sich: „Der BVB ist mal wieder dran“, sagt der jüngere Zwilling. Den Spielern seines Ex-Klubs bietet sich die riesige Chance, in die Fußstapfen der großen Meisterhelden von 2012 zu treten. Einer von ihnen: Sven Bender.