In der Ostsee
Viertes Leck in Nord-Stream-Pipelines entdeckt

29.09.2022 | Stand 29.09.2022, 22:57 Uhr

Die beiden Lecks auf schwedischem Gebiet lägen „nahe beieinander“, so die schwedische Küstenwache. −Foto: afp

An den Nord-Stream-Gaspipelines zwischen Russland und Deutschland ist in der Ostsee ein viertes Leck entdeckt worden. Ein Sicherheitsexperte vermutet Russland hinter dem Sabotageakt.



„Es gibt zwei Lecks auf schwedischem Gebiet und zwei auf dänischem“, erklärte ein Verantwortlicher der schwedischen Küstenwache gegenüber der Nachrichtenagentur AFP - die beiden Lecks in der schwedischen Wirtschaftszone lägen „nahe beieinander“.

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Bisher waren ein Leck in der schwedischen und eines in der dänischem Wirtschaftszone festgestellt worden, aus denen seit Montag Gas austritt und für heftige Blasenbildung im Meer sorgt.

Die schwedische Küstenwache machte zunächst keine genauen Angaben zur Lage des neu festgestellten Lecks und dazu, weshalb es erst jetzt entdeckt wurde. Beide Schadstellen in der schwedischem Wirtschaftszone befänden sich aber „im selben Sektor“.

Nord Stream 1 und 2 derzeit nicht in Betrieb

Schwedische Medien berichteten, dass sich das neu festgestellte Leck an der Pipeline Nord Stream 2 befinde. Die Küstenwache bestätigte diese Information jedoch zunächst nicht. Das andere Leck betraf Nord Stream 1.

Die insgesamt drei zuvor festgestellten Lecks befinden sich nahe der dänischen Insel Bornholm in den dänischen und schwedischen Wirtschaftszonen. Die Leitungen von Nord Stream 1 und 2 sind derzeit zwar nicht in Betrieb, aber mit Gas gefüllt.

Die dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte als Ursache der Lecks am Dienstagabend „vorsätzliche Handlungen“ genannt, keinen Unfall. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sprach davon, dass es sich „wahrscheinlich um die nächste Eskalationsstufe“ im Ukraine-Konflikt handele.

Kreml: Vorwürfe „dumm und absurd“

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, es sei „dumm und absurd“ zu vermuten, dass Russland hinter den Lecks stecke. Die Lecks seien für Moskau „ziemlich problematisch“, sagte er.

Auf Anforderung Moskaus wird sich am Freitag der UN-Sicherheitsrat mit Nord Stream befassen, wie das schwedische Außenministerium mitteilte.

Nach Bekanntwerden der Lecks kündigte die Betreiberfirma Nord Stream eine Untersuchung an, um die Schäden festzustellen und die Ursachen des Vorfalls zu klären. Aus Dänemark hieß es, dass bereits mehr als die Hälfte des Gases in den Pipelines ausgetreten sei. „Wir erwarten, dass der Rest bis Sonntag entweicht“, sagte der Leiter der dänischen Energieagentur, Kristoffer Bottzauw bei einer Pressekonferenz.

Sicherheitsexperte vermutet Russland hinter mutmaßlichem Sabotageakt

Der Sicherheitsexperte Johannes Peters hält es für "relativ unwahrscheinlich", dass die Schäden an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 durch einen Unfall entstanden sein könnten. Vielmehr vermute er Russland hinter dem mutmaßlichen Sabotageakt. „Das wirkt vordergründig natürlich etwas widersinnig, die eigenen Pipelines zu zerstören“, sagte der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Es gebe aber durchaus gute Gründe dafür.

Ein Grund sei sicherlich, ein "starkes Signal" an Europa zu senden, vor allem an Deutschland und Polen, dass man dasselbe auch mit Pipelines machen könnte, die für unsere Versorgungssicherheit deutlich wichtiger seien, etwa die Pipelines aus Norwegen: "Also seid euch mal nicht so sicher, dass ihr für den Winter gut aufgestellt seid und dass ihr in der Lage seid, unser Gas zu kompensieren."

− afp/dpa