Trump feiert
Abtreibungsurteil: Politiker reagieren entsetzt - auch US-Präsident Biden

Mehrere US-Bundesstaaten verbieten bereits Abtreibungen

24.06.2022 | Stand 25.06.2022, 12:13 Uhr

Demonstranten protestieren vor dem US-Kapitol gegenüber dem Obersten Gerichtshof der USA. −Foto: Alex Brandon/AP/dpa

US-Präsident Joe Biden hat die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gegen das liberale Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten als „tragischen Fehler“ bezeichnet. Ex-US-Präsident Trump feiert. Auch in Deutschland erheben sich erste Stimmen.

US-Präsident Joe Biden hat das Abtreibungsurteil des Obersten Gerichtshofs der USA als „tragischen Fehler“ bezeichnet. Die Entscheidung gehe auf eine „extreme Ideologie“ zurück und habe den Frauen in den USA ein verfassungsmäßiges Recht „weggenommen“, sagte Biden am Freitag in Washington. „Die Gesundheit und das Leben der Frauen dieses Landes sind jetzt in Gefahr“, warnte der Präsident.



Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat die Entscheidung des Supreme Court, das landesweite Recht auf Abtreibung zu kippen, als Entscheidung Gottes gefeiert. „Gott hat das entschieden“, sagte der 76-Jährige am Freitag dem Sender Fox News. Der Schritt stehe im Einklang mit der Verfassung und hätte schon „vor langer Zeit“ geschehen sollen.

Zum Widerstand hat der ehemalige US-Präsident Barack Obama aufgerufen. „Heute hat der Oberste Gerichtshof nicht nur fast 50 Jahre Präzedenzfälle rückgängig gemacht, er hat die persönlichste Entscheidung, die jemand treffen kann, den Launen von Politikern und Ideologen überlassen - und die grundlegenden Freiheiten von Millionen von Amerikanern angegriffen“, schrieb Obama bei Twitter.



Der ehemalige Präsident Barack Obama teilte zudem einen Bild mit einem Text: „Schließt Euch den Aktivisten an, die seit Jahren Alarm schlagen beim Zugang zu Abtreibungen, und handelt. Steht mit ihnen bei einem örtlichen Protest“, hieß es dort. Seine Frau Michelle Obama schrieb: „Ich bin untröstlich für die Menschen in diesem Land, die gerade das Grundrecht verloren haben, fundierte Entscheidungen über ihren eigenen Körper zu treffen.“ Der Richterspruch müsse ein Weckruf vor allem für junge Menschen sein.

Entsetzen auch in Deutschland

Auch Deutsche Politiker reagieren entsetzt auf die US-Entscheidung: Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat sich „fassungslos“ über das Urteil des Obersten US-Gerichts geäußert. Die Grünen-Politikerin schrieb am Freitag auf Twitter von einer schockierenden Nachricht. „Ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen sorgt erwiesenermaßen nicht für weniger Abbrüche, es sorgt für eine Gefährdung der Schwangeren, denn ihnen wird ein sicherer und medizinisch begleiteter Abbruch verwehrt.“

Auch aus Sicht der Grünen-Spitze ist das Grundsatzurteil zu Abtreibungen ein herber Rückschlag für Frauenrechte und Selbstbestimmung. „Damit wird in den USA die Selbstbestimmung von Frauen über ihren eigenen Körper zum ideologischen Spielball“, sagte die Parteivorsitzende Ricarda Lang in Berlin. Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, das in einigen US-Bundesstaaten jetzt zu befürchten sei, werde Frauen zwar nicht daran hindern, ungewollte Schwangerschaften zu beenden. Die Abbrüche würden dadurch jedoch unsicherer.

„Rückschlag für Frauen weltweit“

„Das ist ein Rückschlag für Frauen weltweit“, sagte die erste parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. „Niemals dürfen wir zulassen, dass aus grundlegenden Frauenrechten ein vermeintlich politischer Kulturkampf wird.“ Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen weltweit sei „unantastbar“.

Der erste parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, nannte die US-Entscheidung „furchtbar“. Sie zeige, dass eine liberale und selbstbestimmte Gesellschaft immer wieder neu politisch erkämpft werden müsse, schrieb er auf Twitter. Freiheit und Fortschritt seien nie selbstverständlich.

Abtreibungsrecht gekippt

Mast wie Vogel verwiesen darauf, dass der Bundestag am selben Tag beschlossen hatte, das Werbeverbot für Abtreibungen des Strafrechtsparagrafen 219a abzuschaffen. Praxen und Kliniken war dadurch etwa untersagt, ausführlich über unterschiedliche Methoden der Abtreibung zu informieren.

Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court hatte zuvor das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Das Gericht machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen US-Staaten. Unter dem früheren Präsidenten Donald Trump war der Supreme Court nach rechts gerückt.

Erste Staaten verbieten Abtreibungen

Mehrere US-Bundesstaaten haben direkt nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs Abtreibungen verboten. „Missouri ist seit gerade eben der Erste im Land, der Abtreibungen wirksam ein Ende setzt“, erklärte der Justizminister des Staates im Mittleren Westen, Eric Schmitt, am Freitag auf Twitter.

In South Dakota trat nach Angaben der konservativen Gouverneurin Kristi Noem ein bereits vorbereitetes Gesetz in Kraft. Der Gouverneur von Indiana, Eric Holcomb, berief für den 6. Juli das Parlament des Bundesstaats ein, um ein Abtreibungsverbot zu beschließen.

− dpa/afp/vr