Medizin
Lauterbachs Reform: Diese konkreten Punkte sollen sich in Krankenhäusern ändern

06.12.2022 | Stand 07.12.2022, 7:28 Uhr

−Symbolbild: dpa

Nach 20 Jahren soll die Krankenhausvergütung grundlegend geändert werden. Am Dienstag stellte eine Regierungskommission Pläne für eine umfassende Reform vor.



Bei dem bislang geltenden Fallpauschalensystem werden unabhängig vom Behandlungsaufwand einheitliche Pauschalen für vergleichbare Fälle gezahlt. Die Folge: Eine „Tendenz zu billigerer Medizin“, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagt.

Ausgangslage:
Breite Einigkeit besteht darüber, dass die bisherige Vergütung erhebliche Fehlanreize setzt. Die Kommission moniert „eine sachlich nicht gerechtfertigte Mengenausweitung“ bei den Behandlungen; Potenziale für die ambulante ärztliche und pflegerische Versorgung würden nicht ausgeschöpft. Leistungsanreize sollen aber nicht völlig wegfallen, sonst drohe eine Kostenexplosion für die Krankenkassen. Neben der fallabhängigen Vergütung, die deutlich reduziert wird, soll es eine zweite Säule geben: die Vergütung von Vorhalteleistungen, die an Versorgungslevel und Leistungsgruppen gekoppelt ist.

Vorhalteleistungen:
Die Bedeutung der Krankenhäuser für die Daseinsvorsorge soll unterstrichen werden, die bisherige „Überökonomisierung“ ein Ende haben. Daher empfiehlt die Regierungskommission, einen festen Betrag für Personal und Technik als Vorhaltekosten zu definieren, den Krankenhäuser je nach ihrer Einordnung erhalten. Damit werde wirtschaftlicher Druck von den Kliniken genommen. Intensivmediziner und Kommissionsmitglied Christian Karagiannidis vergleicht das mit den Aufgaben der Feuerwehr, bei der auch die Vorhaltung ihrer Leistung bezahlt werde.

Bundeseinheitliche Krankenhaus-Level:
Künftig sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. Level eins umfasst die medizinische und pflegerische Basisversorgung, beispielsweise grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Level zwei beinhaltet die Regel- und Schwerpunktversorgung - das sind also Krankenhäuser, die über die Grundversorgung hinaus weitere Leistungen anbieten. Level drei sieht eine Maximalversorgung etwa in Universitätskliniken vor. Erstmals sollen einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten - damit soll die Behandlungsqualität erhöht werden.

Besondere Bedeutung der Kliniken des Levels eins:
Den Krankenhäusern des Levels eins wird eine besondere Bedeutung zugemessen: Sie müssen flächendeckend eine wohnortnahe Versorgung garantieren. Die Kommission unterteilt sie in Krankenhäuser, die Notfallversorgung sicherstellen, und solche, die integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten. Letzteren soll eine Schlüsselrolle „auf dem Weg zur Überwindung der zu häufig noch stationär-ambulant getrennten Gesundheitsversorgung zukommen“. Diese in der Regel kleinere Kliniken sollen vollständig aus dem Fallpauschalensystem herausgenommen und über Tagespauschalen vergütet werden. Auch sollen sie unter pflegerischer Leitung stehen können.

Einführung definierter Leistungsgruppen:
Die lediglich grobe Zuweisung von Fachabteilungen wie „Innere Medizin“ zu Krankenhäusern soll durch genauer definierte Leistungsgruppen abgelöst werden, zum Beispiel „Kardiologie“. Grund ist, dass Krankenhäuser derzeit gewisse Fälle wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder onkologische Erkrankungen zu häufig auch ohne passende personelle und technische Ausstattung behandeln. Behandlungen sollen künftig nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Dafür müssen genau definierte Voraussetzungen erfüllt werden, etwa bei personeller und apparativer Ausstattung.

Zeitplan:
Die Regierungskommission empfiehlt, die Regelungen „in einer großzügigen Übergangsphase schrittweise einzuführen“, geplant ist ein Zeitraum von fünf Jahren. Am 5. Januar will Lauterbach die Reformvorschläge mit den Ampel-Fraktionen besprechen. Wie bei den bereits beschlossenen Neuregelungen zur Entlastung von Pflegekräften sowie für Kinderkliniken geht der Minister von einer Einigung in der Koalition aus.