Auch Kreml „extrem besorgt“
Druckabfall in den Nord-Stream-Gaspipelines: War es Sabotage?

27.09.2022 | Stand 27.09.2022, 16:59 Uhr

Beide Nord-Stream-Gaspipelines sind beschädigt. Vermutlich nicht ganz zufällig. −Foto: John Macdougal/afp

Der Tagesspiegel will es schon am frühen Dienstag erfahren haben. Inzwischen schreibt auch die Deutsche Presse-Agentur das Wort „Sabotage“ in ihre Berichte über den Druckabfall in den Nord-Stream-Gaspipelines. Die Vermutungen verdichten sich. Der Kreml zeigt sich währenddessen „extrem besorgt“.



Nach dem Druckabfall in den Nord-Stream-Gaspipelines unter der Ostsee suchen Behörden in Deutschland und Dänemark weiter nach der Ursache. Die dänische Marine und deutsche Spezialisten bemühten sich um Aufklärung. Bislang sei die Ursache für die Vorfälle nicht geklärt. Jedoch spreche einiges für Sabotage. Die drei Lecks befänden sich in einigem Abstand zueinander, sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Dienstag bei einem Besuch im polnischen Goleniow bei Stettin, wo sie der Einweihung der Gaspipeline Baltic Pipe beiwohnte. Es sei daher schwer vorstellbar, dass es sich um Zufall handle.

„Aggressive Politik“ des Nachbarn

Polen ist ähnlicher Auffassung. Man hält es für nicht ausgeschlossen, dass hinter den Gaslecks eine russische Provokation steckt. Man befinde sich in einer Situation hoher internationaler Spannung, sagte Vize-Außenminister Marcin Przydacz am Dienstag in Warschau. „Leider verfolgt unser östlicher Nachbar ständig eine aggressive Politik. Wenn er zu einer aggressiven militärischen Politik in der Ukraine fähig ist, ist es offensichtlich, dass keine Provokationen ausgeschlossen werden können, auch nicht in den Abschnitten, die in Westeuropa liegen.“

Die festgestellten Lecks verortet in einer interaktiven Grafik:



Am Montag war zunächst ein starker Druckabfall in der Gaspipeline Nord Stream 2 gemeldet worden. Die dänischen Behörden und die Betreiberfirma der Leitung bestätigten später, dass dies auf ein Gasleck zurückgehe. Später wurde auch bei Nord Stream 1 ein starker Druckabfall gemeldet.

Erhöhte Sicherheitsstufe

Ein Sprecher der dänischen Energiebehörde sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass derartige Gaslecks „äußerst selten“ seien. „Aufgrund der Vorfälle der letzten 24 Stunden sehen wir Anlass, die Sicherheitsstufe zu erhöhen“, sagte er weiter. „Wir wollen eine gründliche Überwachung der kritischen Infrastruktur Dänemarks sicherstellen.“

Am Mittag hat sich auch der Kreml geäußert und zeigte sich „extrem besorgt“. „Dies ist eine noch nie dagewesene Situation, die dringend untersucht werden muss“, sagte Sprecher Dmitri Peskow. Auf die Frage, ob es sich um einen Sabotageakt handeln könnte, sagte er, es könne „keine“ Option ausgeschlossen werden.

Die Versorgungslage ist durch die Störungen an den Gasleitungen nicht beeinträchtigt. Es fließt seit dem russischen Stopp der Lieferungen Anfang September kein Gas mehr durch Nord Stream 1. Nord Stream 2 ging nach der Fertigstellung gar nicht erst in Betrieb.

− dpa/afp/ade