Nach zwei Quartalen mit Kundenschwund galt Netflix bereits als Krisenfall. Nun meldet der Videodienst sich mit Wachstum zurück. Zudem soll 2023 gegen unerlaubtes „Account-Sharing“ vorgegangen werden.
Der Streaming-Gigant Netflix hat im dritten Quartal dank erfolgreicher Serien wie „Stranger Things“ und „Dahmer: Monster“ zum Nutzerwachstum zurückgefunden. Im Vierteljahr bis Ende September verbuchte das Unternehmen unterm Strich 2,4 Millionen neue Bezahlabos, wie es nach US-Börsenschluss mitteilte. Damit erreichte Netflix im Jahresvergleich einen Kundenzuwachs von 4,5 Prozent und übertraf sowohl die eigene Prognose von rund einer Million neuen Nutzern als auch die des Finanzmarkts deutlich. Die Aktie machte nachbörslich einen Kurssprung von über 14 Prozent.
Negativtrend gestoppt
„Gott sei Dank haben wir die Quartale mit Rückgängen hinter uns“, sagte Netflix-Chef Reed Hastings mit Blick auf den Kundenschwund in der ersten Jahreshälfte. „Wir glauben, dass wir auf dem Weg sind, das Wachstum wieder zu beschleunigen“, hieß es im Brief an die Aktionäre.
Zum Quartalsende brachte Netflix es weltweit auf insgesamt gut 223 Millionen Nutzerkonten. Das Unternehmen geht bis zum Jahreswechsel von weiteren 4,5 Millionen neuen Kunden aus. Der Negativtrend ist also zunächst beendet. An das Wachstum vergangener Zeiten kommt der unter Konkurrenzdruck von Rivalen wie Disney+, Hulu und HBO stehende Streaming-Anbieter aber noch nicht wieder heran. Zum Vergleich: Im Schlussquartal 2021 gewann Netflix 8,3 Millionen neue Nutzer hinzu.
Investitionen zahlen sich aus
Große Hoffnung setzt das Unternehmen zum Jahresende auf die fünfte Staffel seiner Hitserie „The Crown“ über die britische Royal Family. Um sich im scharfen Wettbewerb zu behaupten, nimmt Netflix viel Geld für Produktionen und Marketing in die Hand. So fiel der Nettogewinn im jüngsten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 3,5 Prozent auf 1,40 Milliarden Dollar (1,42 Mrd Euro). Im laufenden Vierteljahr wird nur ein Ergebnis von 163 Millionen Dollar erwartet.
Umsatz gestiegen
Immerhin scheinen sich die Investitionen auszuzahlen. Nicht nur die Nutzerzahlen und der Geschäftsausblick überraschten positiv, auch beim Umsatz übertraf Netflix mit einem Zuwachs um 6 Prozent auf 7,9 Milliarden Dollar die Markterwartungen. Für das laufende Quartal allerdings geht das Unternehmen von einem leichten Rückgang der Erlöse aus. Grund sei jedoch allein der starke US-Dollar, der Auslandseinnahmen nach Umrechnung in US-Währung schmälert.
Netflix leistete sich im Geschäftsbericht diesmal auch einen ungewohnten Seitenhieb an seine Rivalen, die bei der Jagd nach Marktanteilen im Streaming-Geschäft mitunter tiefrote Zahlen in Kauf nehmen: „Wir schätzen, dass sie alle Geld verlieren.“ Insgesamt dürften der versammelten Konkurrenz 2022 operative Verluste von deutlich mehr als 10 Milliarden Dollar entstehen, während Netflix für sich selbst einen Betriebsgewinn von 5 bis 6 Milliarden erwarte.
Ab November: Abo mit Werbung
„Unsere Wettbewerber investieren kräftig, um ihr Abonnenten-Wachstum und -Engagement anzutreiben, doch ein großes und erfolgreiches Streaming-Geschäft aufzubauen, ist hart“, erklärte der langjährige Marktführer. Doch Netflix hat genug eigene Baustellen. Um das Wachstum wieder richtig anzuschieben, startet das Unternehmen im November ein günstigeres Abo mit Werbung.
Vorgehen gehen Account-Sharing
Zudem soll im kommenden Jahr entschieden gegen die unerlaubte Mehrfachnutzung von Kundenkonten durch das Teilen von Passwörtern vorgegangen werden. Netflix will das sogenannte „Account-Sharing“ ab dem Frühjahr 2023 schrittweise monetarisieren und die „Ausleiher“ dazu bringen, ihr Profil über einen Export in einen eigenen Account umzuwandeln. Das geht aus einem Aktionärsschreiben hervor, das Netflix am Dienstag veröffentlicht hat.
Tests in Lateinamerika
Einen entsprechenden Test hatte das Unternehmen bereits im März in Lateinamerika gestartet. In El Salvador konnten Nutzer beispielsweise für 2,99 Dollar im Monat den Account in einem zusätzlichen Haushalt nutzen. Je nach Vertrag konnten Nutzer bis zu drei zusätzliche Haushalte hinzufügen, schrieb der Konzern in einer Meldung vom Juli auf seiner Internetseite. Wie die neuen Maßnahmen nun international aussehen sollen, und ab wann sie in Deutschland umgesetzt werden, blieb zunächst offen. Laut den Netflix-Nutzungsbedingungen darf ein Account zwar nur mit Personen aus demselben Haushalt geteilt werden, die Regelung wurde bislang aber nicht aktiv von Netflix umgesetzt.
− dpa/ajk
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