Genf
PS-Protze und Popcorn

Genfer Autosalon: Auch Dieselfahrzeuge sind Thema

06.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr

−Foto: Sebastian Oppenheimer

Genf (DK) Beim Autosalon in Genf geht es natürlich auch um die Zukunft des Diesels und um die Elektromobilität. Doch am liebsten präsentieren die Hersteller teure PS-Kracher, die viel Geld in ihre Kassen spülen.

Wenn die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Autobauer auf Messen ihre Ansprachen halten, dann lauschen die Journalisten gebannt, ob sensationeller Ankündigungen. Bleibt Spektakuläres aus, versucht man, im Gesagten etwas zu finden, was möglicherweise neu sein könnte. Manchmal aber ist es ganz anders: Da ist gerade das interessant, was nicht gesagt wird. Letzteres war beim gestrigen Auftakt des Genfer Autosalons der Fall.

Das Urteil von Leipzig, das Diesel-Fahrverbote möglich macht, erwähnte keiner der Hersteller. Vielmehr sonnten sich Volkswagen, Mercedes und BMW im Glanze neuer Rekordzahlen. E-Mobilität? Dazu haben sich die meisten inzwischen bekannt - auf die Bühne fährt man trotzdem besonders gerne teure PS-Kracher, die viel Geld in die Kassen spülen.

Bestes Beispiel: Daimler. Die Stuttgarter zeigten gleich zwei neue, hochmotorisierte Boliden: Das AMG GT Coupé (ab 435 PS) sowie - für die Großstadt-Safari - eine AMG-Variante des gerade erneuerten G-Modells mit satten 585 PS. Daimler-Chef Dieter Zetsche feierte in seiner Rede den Februar als "60. Rekordmonat in Folge". Deswegen leisteten sich die Stuttgarter auch den Luxus einer wild trommelnden Band auf der Bühne - solchen Zinnober hat man beispielsweise bei VW längst gestrichen.

Daimler-Technikvorstand Ola Källenius präsentierte eine Antriebskombination aus Dieselmotor und Plug-in-Hybridtechnik. "Mit der richtigen Technik hat der Diesel eine Zukunft", sagte Källenius. "Ihn zu verbessern ist besser, als ihn zu verbannen." Obendrein verkündete Daimler-Vertriebschefin Britta Seeger die Einführung eines neuen Angebots namens "Flexeperience" - eine Art Flatrate, mit der man pro Jahr bis zu zwölf verschiedene Mercedes fahren kann. Was das kosten soll, verriet sie nicht. Und: Die typischen Standard-Händler wolle man künftig in Mercedes-Erlebniswelten verwandeln.

Was BMW-Chef Harald Krüger meinte, als er seine Rede mit den Worten "Wir werden den Kampf gewinnen" schloss, wurde nicht ganz klar. Zuvor hatte Krüger seinen deutschen Konkurrenten jedenfalls schon einen ordentlichen Seitenhieb verpasst: "BMW baut die besten Diesel in Europa." Auf die Bühne fuhren die Münchner eine PS-gewaltige-Studie namens M8 Concept Gran Coupé. Außerdem verkündete Krüger den Namen des nächsten Elektromodells: Es soll i4 heißen und in München gebaut werden. Eine Studie des viertürigen Coupés mit angeblich 600 Kilometern elektrischer Reichweite hatte BMW bereits im September auf der IAA in Frankfurt gezeigt.

Audi hatte seinen Messestand in eine Art Riesen-Kino verwandelt: Für die Gäste gab es Popcorn, die Leinwand hinter der Bühne wurde von einem roten Vorhang umrahmt. Zu sehen gab es größtenteils schon Bekanntes: Den neuen A 6, der in Genf nun seine Messepremiere feiert, hatte Audi bereits zuvor Journalisten präsentiert. Ansonsten zeigten die Ingolstädter einen Prototyp des Audi e-tron. Offiziell vorgestellt wird das erste reine E-Auto der Ingolstädter am 30. August auf dem Audi-Summit in Brüssel. Das ist wohl auch der Grund, weshalb die Ingolstädter mit Neuheiten sparten: Diese heben sie sich lieber für ihre eigene Veranstaltung auf.

Eines wurde auf dem Genfer Salon heuer besonders deutlich: Nicht nur die Hersteller befinden sich, dank E-Mobilität und automatisiertem Fahren, im Umbruch - sondern auch die Gattung Automesse an sich. Das zeigte sich schon im Januar in Detroit: Die einst so wichtige Jahresauftakt-Messe wandelt sich immer mehr zur reinen US-Show. Denn die neueste Technik in Sachen Mobilität präsentieren viele Hersteller inzwischen lieber auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas.

Auch der Salon am Lac Leman wandelt sich: Einige namhafte Autohersteller kamen heuer gar nicht. Weil etwa Opel und Chevrolet fehlten, wurde kräftig umgebaut: Aston Martin nahm den Platz der Rüsselsheimer ein, die frei gewordene Fläche von Aston Martin wiederum wurde von der Volvo-Elektro-Marke Polestar belegt. Auch die Citroen-Luxusmarke DS war nicht vertreten, weswegen die zur PSA-Gruppe gehörenden Anbieter Peugeot und Citroen heuer an einem Stand zusammenrückten - den freien Platz wiederum sicherte sich heuer Jaguar. Nur für die ehemalige Jaguar-Fläche fand sich offenbar kein Interessent: Hier errichteten die Messedirektoren kurzerhand ein neues Bistro.

Doch die Messe-Landschaft verändert sich auch noch in anderer Hinsicht: Schon in den letzten Jahren nahm die Zahl der an den Autos posierenden Hostessen deutlich ab. Dieser Trend setzte sich - vermutlich angeheizt durch die #metoo-Debatte - heuer fort. Die verbliebenen Hostessen zeigen immer weniger Haut. Ausnahmen wie die - eher körperbetont gekleideten - Models an den Ständen des italienischen Reifenherstellers Pirelli und des malaysischen Ölkonzerns Petronas bestätigen die Regel.