Eine Brücke von Pfaffenhofen nach Damaskus

08.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:17 Uhr
Karin Leukefeld
Schwester Carol Tahhan im Hof des "Italienischen Krankenhauses" in Damaskus. −Foto: Leukefeld

Seit mehreren Jahren unterstützt der Verein "Freundschaft mit Valjevo" mit Spenden aus der Pfaffenhofener Bevölkerung das "Italienische Krankenhaus" in Damaskus, das von Don-Bosco-Schwestern geführt wird. Ein Besuch in einer segensreichen Einrichtung.

Damaskus - "Italiano.? Dieses eine Wort reicht in Damaskus aus, um einem Taxifahrer mitzuteilen, wohin er fahren soll. Jeder Fahrer kennt den Weg zu dem stolzen, ehrwürdigen Gebäude in Salhiya, das mitten im Herzen der syrischen Hauptstadt liegt. Als es 1913 vom Salesianer Orden gegründet wurde, waren die Flächen um das Krankenhaus herum frei. Es entstanden die Unterkünfte für die Schwestern und Brüder des Ordens und eine Schule.

Heute ist es rund um die markanten sandfarbenen Gebäude eng geworden. Direkt neben dem südlichen Seitenflügel des Krankenhauses ist eine große Moschee entstanden. Dieser gegenüber ragt das Hochhaus des Finanzamtes von Damaskus in den Himmel. Vor dem Krieg strömte rund um die Uhr der Verkehr durch die engen Straßen, doch nun sind weniger Autos und Menschen unterwegs. Es fehlt an Benzin und Strom, Wirtschaftssanktionen würgten, so die Auffassung vieler hier, Arbeit und Handel ab und verhinderten den Wiederaufbau nach dem Krieg. Viele Syrer haben alles verloren und suchen Sicherheit und Glück fern der Heimat.

Im "Italiano", dem "Italienischen Krankenhaus", erwartet mich Schwester Carol Tahhan, die das Krankenhaus leitet. Sie gehört zu den Salesianer Schwestern des Heiligen John Bosco, den "Töchtern von Maria, Hilfe der Christen". Die Schwestern des Salesianer Ordens haben die Klinik seit ihrer Gründung geleitet und ihr zu einem exzellenten Ruf verholfen. Doch in diesen Tagen ist die Stimmung gedrückt: 35 Prozent der Belegschaft des Krankenhauses sind an Covid-19 erkrankt, darunter neun Schwestern, eine von ihnen ist gestorben.

Selbst während des Krieges sei die Lage nicht so schwierig gewesen, sagt Schwester Carol: "Im Krieg mussten wir uns vor den Mörsergranaten in Acht nehmen. Doch wir hatten genug, um den Verletzten zu helfen. Nun haben wir eine Wirtschaftskrise, alles ist enorm teuer geworden. Die Sanktionen gegen Syrien machen es fast unmöglich, Medikamente oder Ersatzteile für unsere medizinischen Geräte zu besorgen." Viele gut ausgebildete Ärzte hätten Syrien seit 2011 verlassen, erzählt sie. Das könnten die Ärzte, die der Klinik geblieben seien, kaum ausgleichen. Während der Corona-Pandemie habe man das Krankenhauses zweimal schließen müssen, berichtet Schwester Carol. "Wir haben für das Personal Kurse durchgeführt und desinfizieren die Stationen zweimal am Tag."

Schwester Carol stammt aus Aleppo und ist eine kleine, stämmige, sehr agile Frau. Schon vor Jahren, mitten im Krieg, war ich ihr im Konvent der Salesianer Schwestern begegnet. Sie organisierte Nähkurse für Frauen, die von dem Kriegsgeschehen mit ihren Familien vertrieben worden waren. Für Kinder wurden Unterricht und Freizeiten organisiert, damit sie wenigstens für eine kurze Zeit den Sorgen und Nöten des Krieges entkommen konnten. Als der Vatikan 2019 das Projekt "Offene Krankenhäuser" für drei ausgewählte katholische Kliniken in Syrien auflegte, war neben dem St.- Louis-Hospital in Aleppo und dem "Französischen Krankenhaus" in Damaskus auch das "Italienische Krankenhaus" dabei. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und soll 400 Armen pro Woche Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleisten. Dabei werden die Einkommensverhältnisse der Patienten überprüft, aber sie werden nicht nach ihrer Religionszugehörigkeit gefragt, sagt Schwester Carol. In diesem Jahr läuft das Projekt aus. Und dann?

Sie wisse nicht, wie es weitergehen könnte: "Die Sanktionen schaden den Menschen in jedem Bereich. Jeden, mit dem ich sprechen kann, bitte ich um Hilfe, um die Arbeit im Krankenhaus fortsetzen zu können. Unsere medizinischen Geräte gehen kaputt und wir wissen nicht, wie wir Ersatzteile bringen oder neue Geräte überhaupt bezahlen sollen." So hat vor wenigen Tagen erst der bereits 15 Jahre alte Computertomograph des Krankenhauses endgültig den Geist aufgegeben. Ersatzteile für das Gerät sind hier nicht zu bekommen.

Eine besondere Beziehung haben Unterstützer aus dem oberbayerischen Pfaffenhofen in den letzten Jahren zu den Salesianer Schwestern und zu dem "Italienischen Krankenhaus" aufgebaut (siehe nebenstehenden Kasten). "Sagen Sie herzlichen Dank für ihre großzügige Hilfe, die uns kurz vor Weihnachten noch erreichte", sagt Schwester Carol. Mit dem Geld habe man warme Winterkleidung für Bedürftige angeschafft. Doch das größte Geschenk hätten sie den 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses, den Ärzten, Schwestern, Pflegern und Technikern machen können: "Wir konnten ihnen zu Weihnachten eine Flasche Olivenöl schenken. Sie haben vor Freude geweint." Der Verein versuche jetzt auch, bei der Beschaffung eines kostengünstigen Ersatzgerätes für den defekten Computertomographen zu helfen, hieß es.

DK


Wer die humanitäre Hilfe für das syrische Krankenhaus unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende auf das Konto des gemeinnützigen Vereins "Freundschaft mit Valjevo e.V" bei der Sparkasse Pfaffenhofen tun, IBAN DE06 7215 1650 0008 0119 91, Stichwort "Krankenhaus Damaskus".

Karin Leukefeld