Müllverbrennungsanlagen
Der Dauerbrenner der Region

18.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:35 Uhr
Zwischen 90 und 130 Kilogramm Hausmüll erzeugt ein Bewohner der Region durchschnittlich im Jahr. Hinzukommen jährlich 20 bis 35 Kilogramm Sperrmüll pro Bürger. Die Abfälle werden nach Mailing transportiert und dort verbrannt. In den vergangenen Jahren hat die Müllmenge der Haushalte in der Region zugenommen. −Foto: Hofmann

Rund um die Uhr lodert das Feuer in den drei Öfen. Im Ingolstädter Stadtteil Mailing verbrennen im Jahr etwa 240.000 Tonnen Abfall. Die Schlacke und gefährliche Baustoffe werden in der Deponie Eberstetten gelagert.

Müllverbrennungsanlage Mailing

Traktorreifen, Autoanhänger, Granaten, es gibt kaum etwas, das nicht im Müll landet. Sogar zwei Kätzchen sind schon über den Sperrmüllhaufen in der Mailinger Verbrennungsanlage spaziert. Der Mann, der den Greifer steuert und den Sperrmüll in den Schredder wirft, wo er zwischen zwei Walzen zermalen wird, hält sofort den Betrieb an. Er klettert in den Müllbehälter und rettet die beiden Katzen.

Nachdem der Sperrmüll zerkleinert ist, fällt er zu den anderen Abfällen in den acht Meter tiefen Müllbunker. Dort schaufeln zwei weitere per Hand gesteuerte Greifer Windeln, Blumentopfscherben und Matratzenfetzen in die Trichter der drei Öfen. 32 Tonnen Müll gehen in Mailing jede Stunde in Flammen auf. Das Feuer lodert jeden Tag rund um die Uhr. Auch an Weihnachten, Silvester und Ostern.

Seit die Mülltrennung in den 1990er-Jahren eingeführt wurde, und Papier, Plastik und Dosen nicht mehr im Restmüll landen, ist die von der Müllverwertungsanlage (MVA) zu entsorgende Abfallmenge deutlich gesunken. Seit 2015 nimmt der in der MVA angelieferte Hausmüll jedoch wieder zu, stellt Geschäftsführerin Irene Lindner fest. Sie führt diesen Anstieg auf den Zuzug in die Region und den hohen Konsum zurück. "Wir entsorgen die Abfälle der Bürger, was sie kaufen und wieder wegwerfen", sagt Lindner. "Von Zero Waste sind wir noch weit entfernt."

Während der Müll in den Öfen verbrennt, erhitzt sich das Wasser in den Rohren der Kesselwände. Die Energie des heißen Dampfes wird von zwei Turbinen in Strom umgewandelt und ins Netz eingespeist. Außerdem versorgt die MVA große Teile von Ingolstadt mit Fernwärme.

Nach der Verbrennung des Mülls ist die Arbeit in Mailing noch lange nicht abgeschlossen. Die Rauchgase müssen erst noch gereinigt werden, bevor sie durch die 80 Meter hohen Schornsteine in den Himmel gepustet werden.

Nachdem Müllverbrennungsanlagen in den 1980er-Jahren wegen ihres hohen Dioxin-Ausstoßes in Verruf geraten waren, gelten inzwischen strenge Grenzwerte. In Mailing mussten deshalb 1990 zwei Öfen stillgelegt und neugebaut werden, der dritte wurde 1991 mit einer Rauchgasreinigungsanlage nachgerüstet.

Der Rauch wird zuerst mit einem Filter entstaubt. Dann werden mit Wasser Säuren und Schwermetalle wie Blei und Quecksilber herausgewaschen. Das giftige Gas Schwefeldioxid wird mit Natronlauge aus dem Rauch gewaschen. Aus dem Reaktionsprodukt kann später Gips hergestellt werden. Zum Schluss wird das Rauchgas mit Ammoniak entstickt. Wie ein Katalysator im Auto werden so Stickoxide herausgefiltert.

Auch die bei der Verbrennung entstehende Schlacke muss behandelt werden. Ein Magnet fischt Eisen heraus und auch andere Metalle wie Kupfer und Aluminium werden wiederverwertet. Danach wird die Schlacke als Abdeckmaterial auf Deponien verwendet.

MVA Ingolstadt

Die Müllverwertungsanlage im Ingolstädter Stadtteil Mailing entsorgt den Rest- und Sperrmüll der rund 606.000 Bürger in der Region. Das Gebiet des Zweckverbandes umfasst die Stadt Ingolstadt und die Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen, Kelheim, Pfaffenhofen und Roth. In drei Öfen werden jährlich rund 240.000 Tonnen Müll verbrannt. Der Müll der Kommunen aus dem Verbandsgebiet macht jedoch nur 51 Prozent aus. 34 Prozent sind Gewerbeabfälle. Damit die Öfen voll ausgelastet sind, kommen Abfälle aus den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Erding hinzu.

 

Aus der Wärme, die bei der Verbrennung entsteht, produzieren zwei Turbinen Strom für rund 17.400 Haushalte. Ein Teil der Energie wird auch in das Fernwärmenetz der Stadt Ingolstadt eingespeist und versorgt unter anderem die Kaserne, das Klinikum, Audi und die Altstadt. Nach Berechnungen der MVA können so jährlich rund 20 Millionen Liter Heizöl eingespart werden.

Außerdem betreibt die MVA vier Deponien. Drei davon, in Starkershofen, Großmehring und Eberstetten, sind schon gefüllt und zugedeckt. In einer zweiten Deponie in Eberstetten werden Asbest, Mineralfasern und Schlacke aus der Müllverbrennungsanlage gelagert.
 

Deponie Eberstetten

Siedlungsabfälle dürfen in Deutschland seit Mitte 2005 nicht mehr deponiert werden. Denn wenn Hausmüll unbehandelt eingelagert wird, entsteht beim biologischen und chemischen Abbau von organischen Stoffen im Müll Methan. Dieses Gas ist 25-mal klimaschädlicher als Kohlenstoffdioxid, erklärt Rainer Mühlberger, Deponieleiter der MVA Ingolstadt. Trotzdem wird in vielen europäischen Ländern Restmüll nach wie vor auf Deponien geschüttet.

In Eberstetten bei Pfaffenhofen werden nun nur noch Asbest und alte Dämmmaterialien wie Glaswolle und Steinwolle auf der zehn Hektar großen Deponie eingelagert. Diese Materialien gelten als gefährliche Stoffe, weil sie aus Fasern bestehen, die beim Einatmen in die Lunge geraten und zu Krebs führen können. Deshalb gelten auf der Deponie spezielle Sicherheitsbestimmungen: Asbest muss luftdicht verpackt sein und Mineralfasern müssen in Gewebesäcke gepackt oder gleich zu Ballen gepresst werden.

Im vergangenen Jahr wurden in Eberstetten 5000 Tonnen gefährlicher Stoffe abgeladen. Der Großteil davon war Asbest. Asbesthaltige Rohre, Dachpappe und Bauteile von Nachtspeicheröfen werden möglichst kompakt zwischen den zu Würfeln gepressten Mineralfasern eingelagert. Obendrauf kommt eine Schlackeschichte. 20 Prozent der Schlacke, die bei der Müllverbrennung in Mailing entsteht, wird in der Deponie in Eberstetten zum Abdecken verwendet. Die anderen 80 Prozent werden zum Großteil in anderen Deponien eingelagert.

2018 sind in Eberstetten 13000 Tonnen Schlacke aufgeschüttet worden. Als die Deponie 1990 in Betrieb ging, war dort Platz für 1,2 Millionen Kubikmeter Müll. Inzwischen sind nur noch 0,35 Millionen Kubikmeter frei. Geschäftsführerin Irene Lindner schätzt, dass die Deponie in zwölf bis 15 Jahren voll sein wird. Und dann?

Rainer Mühlberger erwartet, dass die Menge an gefährlichen Stoffen abnehmen wird. Asbest ist seit 1993 verboten und viele Gebäude, in denen der Baustoff eingesetzt wurde, sind bereits saniert. Das Gleiche gilt für die krebserregenden Mineralfasern. Sie sind seit 2000 verboten. Die Dämmmaterialien von heute gelten nicht als krebserregend. Aber selbst wenn die Menge an zu deponierenden Fasern abnimmt, "was immer bleiben wird, ist die Schlacke aus der Müllverbrennung", sagt Mühlberger.

Bisher ist noch nicht entschieden, ob es im Gebiet des Zweckverbandes eine neue Deponie geben soll, wenn das Volumen in Eberstetten aufgebraucht ist. Bereits in den 1990er-Jahren hatte die Suche nach einem Deponiestandort für große Aufregung gesorgt. Irene Lindner sagt, eine Option wäre das bestehende Deponievolumen in Bayern zu nutzen. Laut einem Bericht des Bayerischen Landesamt für Umwelt belief sich dieses im Jahr 2017 auf 14,3 Millionen Kubikmeter. Lindner gibt jedoch zu bedenken, dass so längere Transportwege anfielen.