Bonn
42,6 Grad in Lingen - Wetterportal erkennt Hitzerekord nicht an

30.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:23 Uhr
42,6 Grad – in Lingen wurde eine historische Rekordtemperatur gemessen. Doch die Messbedingungen vor Ort sind fragwürdig. −Foto: Jannes Wessels / WetterOnline

Bonn (DK) 42,6 Grad - der Ort Lingen hat im letzten Julidrittel eine historische Höchsttemperatur in Deutschland erreicht. Das Wetterportal WetterOnline übt nun Kritik an diesem Wert. Grund ist der Standort der Wetterstation.

Um Messungen miteinander vergleichen zu können, gelten Standards der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Sie regeln, dass Thermometer an offiziellen Wetterstationen belüftet und strahlungsgeschützt sein müssen. Zudem werden wichtige Anforderungen an die nähere Umgebung einer Messstelle formuliert, damit deren Werte nicht durch Bebauung, asphaltierte Flächen oder zu starken Bewuchs verfälscht werden.

Schaut man sich Bilder der Wetterstation in Lingen an, so fallen dichte Hecken und eine hohe Baumreihe in nächster Nähe zum Thermometer auf. „Der natürliche Bewuchs im nächsten Umfeld der Wetterstation hat in den letzten Jahren derart zugenommen, dass es in puncto ‚Belüftung‘ in Lingen größte Probleme gibt. Die Folge ist, dass sich Hitze dort bei intensiver Sonneneinstrahlung und wenig Wind staut.“, erklärt Matthias Habel, Meteorologe und Pressesprecher von WetterOnline. 

„In der Folge werden Extremtemperaturen gemessen, die deutlich von Messungen im Umland abweichen.“ Niederländische Meteorologen haben dieses Phänomen als "Garteneffekt" bezeichnet. Tatsächlich sticht Lingen sogar regelmäßig dramatisch aus den Messungen umliegender Orte hervor, mehrere Grad Abweichung sind keine Seltenheit. 

Aus diesem Grund hat der Deutsche Wetterdienst schon 2014 eine Verlegung der Wetterstation an einen neuen Standort beschlossen. „Die Verlegung wurde allerdings bis heute nicht vollzogen.“, stellt Matthias Habel fest und legt nach: „Umso unverständlicher ist, dass der unter äußerst fragwürdigen Bedingungen ermittelte Rekordwert von 42,6 Grad nun vom DWD anerkannt wird.“ Doch Habel weiß auch: „Der DWD befindet sich in einer Zwickmühle: Erkennt er den Wert nicht an, so kommen die Leugner des unzweifelhaft stattfindenden Klimawandels aufs Feld. Erklärt der DWD den Rekord hingegen für ungültig, so müssten sich die Offenbacher Meteorologen zahlreichen unangenehmen Fragen stellen.“ WetterOnline wird aus den dargelegten Gründen den Wert aus Lingen nicht mehr als Rekord aufführen.