„Vielsaitiges“ im Kolpinghaus
Zauberhaftes Herbstkonzert der Orchesterinitiative Ingolstadt

25.11.2024 | Stand 25.11.2024, 19:07 Uhr |

Mediterrane Leichtigkeit: Johanna Kurz dirigierte die Orchesterinitiative Ingolstadt. Foto: Luff

Es hörte sich an wie mediterraner Zitronenduft – und das mitten in der Novembertristesse: Unter dem Motto „Vielsaitiges“ Italien präsentierten 20 hochmotivierte Streicher der Orchesterinitiative Ingolstadt unter der Leitung von Johanna Kurz ihr fulminantes Herbstkonzert im Kolpinghaus.

Und wie gut fügten sich die Klänge, die eine atemberaubende musikalische Zeitreise von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert zurücklegten, in den voll besetzten historischen Spiegelsaal mit seinem barocken Ambiente!

Bekanntes neben Unbekanntem und dazu mit Beate Fürbacher an der Harfe und Bernd Metzler an der Gitarre zwei regional bekannte Solisten der Extraklasse: Erneut ging dieses Konzept auf, wie der lang anhaltende Schlussapplaus bewies.

Maria Grimani, die erste Opernkomponistin

In der reichen italienischen Musiklandschaft blühen noch unzählige Blumen, die bislang kaum jemand entdeckt hat. Maria Grimani ist eine von ihnen und es lohnt sich wirklich, ihr 1713 uraufgeführtes Werk „Pallade e Marte“ und damit die erste von einer Frau geschriebene Oper zu spielen, wenngleich aus dem musikalischen Wettstreit zwischen dem Kriegsgott Mars und Pallas Athene, der Göttin der Weisheit, nur die einleitende Sinfonie in drei Sätzen zu hören war.

Doch wie festlich erklang das spritzige Allegro, das im finalen Allegro Presto die majestätischen Klangbilder des Eingangs wieder aufnahm und so den getragenen Mittelsatz des Largo mit dem Mythos um die griechischen Götter in sanfter Modulation umrahmte!

Bernd Metzler im Dialog mit dem Orchester

Der Reigen barocker Ästhetik setzte sich mit Antonio Vivaldis Konzert in D-Dur für Gitarre und Streichorchester fort und bereits hier schlug die Stunde des ersten Solisten des Abends. Denn Bernd Metzler zauberte an der Akustikgitarre schon im einleitenden Allegro schnelle, kunstvolle Läufe und melodisch ziselierte Arpeggien aus dem Instrument und trat in einen ganz reizvollen Dialog mit dem Orchester.

Es folgte das sanfte, introspektive Largo mit einem minimalistischen Streicherhintergrund, bevor der leuchtende Sommertag von einem leidenschaftlichen dritten Satz im Allegro abgelöst wurde, dessen kaskadenhaft-virtuos strömenden Melodiebögen eine nahezu tänzerische Energie entfalteten.

Beate Fürbacher brilliert an der Harfe

Eine Landpartie bot dann Pietro Mascagnis Verismo-Oper „Cavalleria rusticana“, ein Eifersuchtsdrama um sizilianische Bauernehre, das tödlich endet. Doch das gewählte Instrumentalstück war ausgerechnet das vierminütige Intermezzo sinfonico, das zu Beginn der Oper den friedlichen Gesang einer Kirchengemeinde während der Ostermesse in kraftvoller Harmonie ausmalt und damit den Frieden sphärischer Himmelsklänge suggeriert, während in direkter Näher zur Kirche das menschliche Drama um Liebe und Verrat seinen Lauf nimmt.

Bereits in Mascagnis Oper war Beate Fürbacher an der Harfe zu bewundern. Ihre ganze Virtuosität entfaltete die Solistin aber in Georg Friedrich Händels Konzert für Harfe und Streichorchester in B-Dur. Händel verbrachte Anfang des 18. Jahrhunderts vier Jahre in Italien und diesen Einfluss hörte man seinem Stück deutlich an: Leichtfüßig entfaltete das Concerto seine brillante Struktur, in die sich die Harfe durch ihre anmutig schimmernden Klangfarben nicht nur perfekt einfügte, sondern eindeutig zum Mittelpunkt des Musikstücks avancierte. Für viele war Händels Konzert, bei dem die solistische Partie diesmal mit der Harfe statt mit der Orgel besetzt wurde, der Höhepunkt der Serenade.

Respighi holt die Lautenmusik in die Gegenwart

Doch es folgten noch die mystisch-dunklen „Antiche danze ed arie per liuto“ des 1936 verstorbenen italienischen Komponisten Ottorino Respighi, der musikalischen Historismus im wahrsten Sinne des Wortes betrieb, indem er die bezaubernde Lautenmusik des 16. und 17. Jahrhunderts in seine Gegenwart holte und sie in drei Suiten für Orchester umschrieb.

Vier Motive aus der dritten Suite waren an diesem Abend zu hören, durch die man sich in die Eleganz eines Renaissance-Tanzsaals versetzt fühlte und etwas von dem Glanz der Familie Medici in Florenz erahnen konnte (Aria di Corte), aber auch kraftvolle Melancholie und süditalienischen Stolz und Schwere heraushörte (Siciliana).

Mit dieser dunklen Note wollte sich das Liebhaberorchester aber nicht vom Publikum verabschieden und intonierte am Schluss noch als Zugabe eine fröhlich-beschwingte Tarantella aus Neapel.

Der Abend zeigte, wie Recht doch Dante hatte, als er einst in seinem „Paradiso“ schrieb: „Diversi voci fanno dolci noti“ – „Aus unterschiedlichen Stimmen entsteht ein wohlklingendes Konzert.“

DK


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