"Ich mag Krimis, die aus der Art schlagen"

19.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:07 Uhr

Michael Fitz arbeitet gerade an seinem zehnten Album "Nackert" und träumt von einem kleinen Lokal am Meer. - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Als Oberkommissar Carlo Menzinger war er Kult im Münchner "Tatort". Doch nach 16 Jahren Serientätigkeit als Hiwi der Kollegen Batic und Leitmayr hat er seinen Abschied eingereicht. Jetzt hat Michael Fitz (49), der einer bekannten Münchner Künstlerfamilie entstammt, Zeit für andere Projekte.

Michael Fitz, Sie werden in Ingolstadt aus dem Krimi "München Blues" lesen. Kennen Sie dieses Gefühl?

Michael Fitz: Ich habe es schon lange nicht mehr erlebt, weil ich seit 20 Jahren nicht mehr in München wohne. Ich hatte mal den München Blues. Deshalb bin ich auch aufs Land gezogen.

 

Was gefällt Ihnen an diesem Buch von Max Bronski?

Fitz: Es ist witzig. Weil es nicht wie ein typischer Krimi daherkommt, sondern sich eher wie eine Glosse liest. Der Autor beschreibt mit sehr spitzer Feder all die Schokoladenseiten, die München so gern nach außen präsentiert. Er demontiert sie ein bisschen. Das gefällt mir sehr gut.

 

Der Autor schreibt unter Pseudonym. Kennen Sie ihn denn?

Fitz: Nein, ich kenne ihn auch nicht. Dem Klappentext habe ich entnommen, dass er ein bisschen jünger ist als ich. Er ist wohl als Autor in einem anderen Bereich tätig. Und er lebt schon lange im Münchner Schlachthofviertel, also in jenem Viertel, das er im Buch beschreibt. Aber mehr weiß ich auch nicht.

 

Mögen Sie Krimis?

Fitz: Ich bin kein expliziter Krimileser. Ich mag Krimis, die ein bisschen aus der Art schlagen. Henning Mankell liefert z. B. solchen Lesestoff. Er rollt einen Fall eher von der menschlichen Seite des Ermittlers auf. Das mag ich wahnsinnig gern. Das lässt Nähe zum Ermittler zu und fesselt mich als Leser. Gerade sein letztes Buch, "Die italienischen Schuhe", hat mich intensiv beschäftigt. Generell bin ich ja ein Vielleser, aber im Moment stapeln sich die Bücher unberührt auf dem Nachtkastl, weil ich gerade viel Musik mache.

 

Sie arbeiten an Ihrem zehnten Album "Nackert". Wie wichtig ist für Sie die Musik?

Fitz: Sehr wichtig. Manches will einfach raus. (Er lacht.) Ob’s bei den Leuten auch rein will, wird sich zeigen. Bei "Hoam" hat es jedenfalls funktioniert. Ich durchlebe gerade die Endphase der neuen Platte. Vieles von dem, was ich da erzähle, habe ich für mich schon verarbeitet. Nur dann kann ich darüber schreiben. Vielleicht benutze ich die Musik als spezielle Form, Erlebtes nicht nur zu durchdenken, sondern auch zu verdauen.

 

Gibt es für Sie einen bestimmten Ort der Inspiration? Wie muss man sich die Arbeit des Songschreibers vorstellen?

Fitz: Ganz unterschiedlich. Manchmal nehme ich mir eine Auszeit – und in dieser Zeit des Nichtstun, der totalen Entspannung entwickelt sich etwas Kreatives von ganz allein. Manchmal sind die Sachen so dringlich und so wichtig, dass sie mitten im größten Stress aus mir rauspurzeln. Mitten in der Nacht. Oder in den frühen Morgenstunden. Und manche Texte müssen schwer erarbeitet werden. Da gibt es vielleicht eine Idee, vielleicht ein paar Zeilen. Und dann – nichts mehr. Ein zäher Prozess. Man überarbeitet. Bedenkt. Ändert. Wirft um. Der "Fliaga" ist so ein Werk. Vom letzten Album "Hoam". Die ersten Skizzen gab es sehr früh. Irgendwann war auch die Refrainzeile da. Aber dann gab es eine lange Pause. Bis plötzlich die Idee aufkeimte, ganz anders weiterzumachen. Und erst dann bekam das Lied seine jetzige Form.

 

Wie wichtig ist für Sie der bairische Dialekt?

Fitz: Inzwischen sehr wichtig. Ich bin bei "Nackert" gerade in der Auswahlphase. Und überlege, ob nun ein hochdeutsches Lied auf die Platte soll oder nicht. Für mich gibt es da schon einen großen Unterschied: Wenn ich etwas sehr Persönliches zu sagen habe, wähle ich eher den Dialekt. Und vielleicht wird "Nackert", noch mehr als "Hoam", der Versuch, da wahr zu sein, wo man normalerweise am meisten lügt.

 

Wann erscheint die neue Platte?

Fitz: Ich bin in den letzten Zügen. Ich hoffe, dass ich sie im April schon unter die Leute bringen kann. Bei mir gibt es ja nicht den großen Paukenschlag, das ist ein eher schleichender Prozess.

 

Wenn Sie sich nochmal entscheiden könnten: Würden Sie wieder diesen Berufsweg einschlagen?

Fitz: Ja. (Sehr bestimmt.) Aber ich würden den Künstlerberuf sicherlich mit einer seriösen Variante verbinden. Falls mein 15-jähriger Sohn Emanuel mit dem Berufswunsch Schauspieler oder Musiker ankäme, würde ich ihm vielleicht raten, dass er zumindest auch einen Beruf erlernt, mit dem er in Krisenzeiten Geld verdienen kann. Bei mir war das zwar auch nicht nötig. Allerdings gab es Situationen in meinem Leben, in denen ich das Gefühl hatte, von Geschäftsleuten über den Tisch gezogen worden zu sein. Das ist bisweilen in der Branche so. Da wären ein paar Semester Jura vielleicht ganz nützlich gewesen, um auch das Kleingedruckte im Vertrag richtig durchdringen zu können. Und dann gibt es natürlich noch persönliche Vorlieben. Ich könnte mir ein bescheidenes Altenteil irgendwo im Süden vorstellen: ein kleines Lokal am Meer, in dem ich nur auf Bestellung kochen würde.

 

Sie werden dieses Jahr 50. Haben Sie Angst vor diesem Alter?

Fitz: Ich denke, das habe ich schon hinter mir. Mit Anfang 40 befürchtete ich, dass jetzt alles bergab geht. Natürlich geht es auch bergab. Aber dann merkte ich: Seit ich 45 bin, geht’s eigentlich ziemlich bergauf. In jeder Hinsicht. Man entdeckt das Leben plötzlich von einer ganz anderen Seite. Und manchmal stehe ich wie ein Kind stauend davor und finde es ganz aufregend.

 

Gibt es Rollen, die Sie gern mal spielen möchten, jetzt, da Sie nach dem Ausstieg aus dem "Tatort" frei für andere Projekte sind?

Fitz: Ja, ich würde gerne mal in einem wirklich opulenten historischen Film mitwirken. Ein Teil dieses Wunsches ist ja schon in Erfüllung gegangen mit Marcus H. Rosenmüllers Verfilmung des "Räuber Kneißl", in dem ich die Rolle des Mathias Kneißl sen. übernommen habe. Aber einen Film zu drehen, in dem man abgesehen von einer hochkarätigen Charakterrolle auch noch reiten und fechten, also Cowboy und Indianer spielen darf, das würde mich schon reizen.